Geplantes Ostseeunternehmen; Erste Beschießung der englischen Küste
105
boote bildet für eine an Schiffszahl unterlegene eine so wichtige
Ausgleichsmöglichkeit, daß sie keinesfalls darauf verzichten
darf. Vergleicht man noch rein schematisch die Lage einer
Flotte, die von der Helgoländer Bucht in den Kanal eindringt,
mit der einer Flotte, die von der englischen Ostküste, z. B. dem
Firth of Forth aus nach der Helgoländer Bucht vorstößt, so
sind die Vor- und Nachteile beider Angriffsmöglichkeiten in
die Augen springend. Die eine Flotte sitzt wie in einer Flasche
verkorkt, die andere hat Bewegungsfreiheit über den ganzen
hinter ihr liegenden Quadranten.
Das II. Geschwader hatte Ende Oktober die Kieler Werft
aufgesucht, um einige wichtige Verbesserungen an der Artillerie
armierung anzubringen und die Wohnlichkeit der Schiffe, die
durch das Herausreißen aller feuergefährlichen Gegenstände
sehr gelitten hatte, im Interesse der Gesundheit der Besatzungen
für den Winter wiederherzustellen. Die Schiffswände wurden
in derselben Weise isoliert, wie es auf neueren Schiffen von
vornherein durch Anwendung von brandsicherem Material ge
schah. Der Aufenthalt in den Schiffen, die so hellhörig ge
worden waren, daß jedes Geräusch von einem Ende bis zum
andern als Störung empfunden wurde, stellte die Nerven mit
der Zeit auf eine zu harte Probe und bei dem anstrengenden
Kriegswachdienst durften die wenigen Ruhestunden nicht unnütz
verkümmert werden. Die Erinnerung an jene ersten Kriegs
wochen, wo auf allen Schiffen des II. Geschwaders das Picken
der Hümmer und Kratzen der Meißel vom frühen Morgen
bis zum späten Abend widerhallte und Berge von Holz und
überflüssiger Farbe aus den Schiffen verschwanden, wird den
Teilnehmern unvergeßlich bleiben.
Diese erste Entsendung eines Geschwaders in die Ostsee
sollte außerdem zu verschiedenen Übungen ausgenutzt werden,
an denen sich auch Kreuzer und Torpedoboote beteiligten, und
es erschien vorteilhaft, im Anschluß daran die Anwesenheit der
Schiffe zu einer großen Unternehmung gegen Libau auszu