Das Kriegsjahr 191o
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seinem Bundesgenossen zu Hilfe zu kommen. Dann wären wir
genötigt worden, die im Osten angesetzten Streitkräfte nach dem
westlichen Teil der Ostsee zurückzuziehen. Für den Fall, daß
es aus diesem Anlaß nötig werden sollte, größere Teile der
Flotte schnell nach der Ostsee zu verschieben, wurde das III. Ge
schwader auf die Elbe verlegt, wohin sich auch der Flottenchef
aus „Friedrich der Große" begeben hatte, um gegebenenfalls
selbst das Kommando in der Ostsee zu führen.
Aber die Engländer dachten nicht daran, in ihrem VerhaU
ten eine Änderung eintreten zu lassen, sondern verließen sich
weiter auf die Wirkung ihrer Seesperre. Die Bewachungs
linien zum Eingang in die Nordsee von Norden her hatten sie
in Richtung der Färöer Inseln zurückgenommen, weil ihnen ein
dauerndes Abpatrouillieren der Linie von den Shetlandinseln
nach der norwegischen Küste durch unsere U-Boote zu gefährdet
erschien. Der Verlust des Kreuzers „Hawke" und der Angriff
auf „Thefeus", beide von „U 29" ausgeführt, welches von dem
leider später gefallenen Kapitänleutnant Weddigen geführt
wurde, hatte sie bewogen, ihr Bewachungssystem zu ändern
und hauptsächlich auf Hilfskreuzer einzurichten. Es war ihnen
auch gelungen, die neutrale Schiffahrt zu zwingen, sich der Un
tersuchung in ihrem Flottenstützpunkt auf den Orkney-Inseln
zu unterwerfen.
Der als wirksamstes Gegenmittel gegen diese Absperrung
unseres Handels gedachte U-Boot-Handelskrieg war leider nach
kühnem Anfang sehr bald vor dem Einspruch Amerikas zu sehr
bescheidenen Formen gelangt. Die den U-Booten auferlegte
Verpflichtung, erst festzustellen, ob sie es mit neutralen Damp
fern zu tun hatten, mußte bei dem von den Engländern betrie
benen Flaggenmißbrauch unweigerlich zu großen Verlusten
führen.
Mitte Juli wurden wiederum zwei wertvolle . Boote,
„U 23" und „36", vermißt. Von letzterem war ein Unteroffi
zier, der Steuermannsmaat Lamm, der einzig Überlebende, da