Die Hochseeflotte nach Norwegen
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zeugender und zeigte zugleich die Leistungsfähigkeit unserer
Schiffsbauindustrie, wie es auch die weit verbreitete Meinung,
die Engländer seien allein im Besitz der besten und größten
Schiffe, widerlegen konnte.
Die Entsendung der ganzen Flotte oder wesentlicher Be
standteile derselben auf größere Entfernung, etwa ins Mittel
meer, oder die Wiederholung eines Besuches von spanischen
oder portugiesischen Häfen, Kap Verden und Azoren, war seit
Sommer 1909 mit Rücksicht aus die unsichere politische Lage
unterblieben. So blieb das Hauptbesuchsland für unsere
Zwecke Norwegen, dessen Küste in ihren zahlreichen Fjorden
eine angenehme Verteilung der Schiffe ermöglichte, statt die
Bewohner durch die Masse von Marineurlaubern zu über
laufen. Der Erholungsmöglichkeit der eigenen Seeleute kam
diese Verteilung, wo jedes Schiff seinen besonderen Bereich
hatte, auch nur zu statten.
In unseren jährlichen Besuchen der norwegischeil Küste
hatte vail 1910 ab nur der Sommer 1912 eine Ausnahme ge
bildet. In diesem Jahre 1914 war für Kaiser und Flotte schon
aus der allgemeinen politischen Lage das gleiche Reiseziel ge
boten. Ein Besuch der Küsten an der östlichen Ostsee, selbst
das Anlaufen unserer eigenen dortigen Häfen scheint nicht in
der Richtung unserer während der kritischen Zeit eingeschlage
nen Politik gelegen zu haben.
Die Möglichkeit, mit der Flotte durch ihr Verschieben nach
dem Osten einen Druck auf Rußland zur Einstellung seiner
Kriegsvorbereitungcn auszuüben, war mit der Norwegenreisc
aus der Hand gegeben. Gerade für solche Zwecke liegt die
Ausnutzung schwimmender Streitkräfte, die keiner besonderen
Mobilmachung bedürfen, sehr nahe. Die Danziger Bucht hätte
in diesem Fall einen ausgezeichneten Liegeplatz geboten, da
sich größere Flottenteile aus ihr heraus sehr leicht entwickeln
können, im Gegensatz zu denl schwierigen Herauskommen aus
den Nordseeflußmündungen der Elbe, Weser, Jade und Ems,