Full text: Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg: persönliche Erinnerungen

Kriegsausbruch 
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und die leichten zur Flotte gehörigen Streitkräfte fanden ge 
schützte Liegeplätze im Hafen von Neufahrwasser. 
Wie man in dieser Weltlage Norwegen als Reiseziel 
wählen konnte, erschien unbegreiflich und erweckte den Ein 
druck, als ob man vor der Gefahr die Augen absichtlich 
schließen wolle. Der Möglichkeit, vorbeugend und später aktiv 
mit einer starken Streitmacht in den östlichen Gewässern auf 
zutreten, ist von vornherein nicht der ihr zukommende Wert 
beigelegt worden. 
Am 14. Juli verließ das II. Geschwader, dessen Führung 
ich im Anfang Februar des vorhergehenden Jahres von dem 
zum Flottenchef ernannten Vizeadmiral von Jngenohl über 
nommen hatte, den Kieler Hafen, um bei Skagen mit den 
von Wilhelmshaven kommenden Schiffen zusammen zu treffen 
und danach im Flottenverband weitere Übungen vorzunehmen, 
die sich vornehmlich mit der Lösung taktischer Aufgaben be 
faßten. Durch das Hinzutreten eines dritten Geschwaders in 
den Verband der Hochseeflotte waren die Übungen gerade 
auf dieser Reise von besonderem Wert, denn das neuformierte 
dritte Geschwader hatte in seiner jetzigen Zusammensetzung 
überhaupt noch keine Gelegenheit gehabt, an den Übungen 
teilzunehmen. 
Die praktische Anwendung der formalen Taktik auf die 
im Gefecht eintretenden Möglichkeiten ist unerschöpflich und 
bietet von Jahr zu Jahr immer wieder neuen Stoff. 
Dem neu hinzutretenden Geschwader fehlte hierin die 
Schulung. Im Kriegsspiel lassen sich wohl sehr nützliche 
Vorarbeiten auf diesem Gebiete erledigen, aber der taktische 
Blick zur Ausnutzung einer vorteilhaften Lage wird erst auf 
der weiten Wasserfläche selbst geschärft, und schließlich ist es 
die Summe der gewonnenen Eindrücke, die erst den Führer 
befähigt, in der ihm zu Gebote stehenden, manchmal nur nach 
Sekunden zählenden, kurzen Zeit den richtigen Entschluß zu 
finden, für den es eine Regel nicht geben kann, so beachtens-
	        
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