Full text: Sir John Fortescue: de Laudibus Legum Angliae: ein Gespräch aus dem 15. Jahrhundert über die Vorzüge des englischen Rechts

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überlassen könnten, vieles thäten, was sie in Schaden und Gefahr brächte. . Ebenso spricht derselbe 
Schriftsteller (III, 46, 49, 5) . von den äthiopischen Königen, sowie auch vom König von Saba in 
Arabia felix und einigen andern Königen der. alten Zeit. 
Kapitel XIV. 
Hierauf sagte der Prinz: durch Eure klaren Auseinandersetzungen, Herr Kanzler, habt Ihr 
die Dunkelheit verscheucht, die meinen Geist umhüllte, und nun erkenne ich deutlich, dafs ein 
Volk, wenn es aus freiem Entschlufs einen König über sich setzt, dies in keiner andern Absicht 
thut, als um dadurch Leben und Eigentum vor Gefahren zu sichern, und dafs es in dieser Ab- 
sicht betrogen würde, wenn der König ihnen nachher ihre Rechte entreifsen könnte, während dies 
vorher keinem Menschen zu thun erlaubt war. Noch :gröblicher aber müfste sich ein Volk verletzt 
fühlen; wenn es nun ‚nach fremden Gesetzen, vielleicht solchen, ‚die ihm verhafst sind, regiert 
werden sollte,. besonders wenn: die Bürger durch solche Gesetze Einbufse an ihrem Vermögen er- 
leiden, zu dessen Sicherung sie doch ebenso wie zu. der ihres Lebens sie sich freiwillig der Herr- 
schaft. eines Königs. unterwarfen. Eine derartige Gewalt des Königs könnte sicherlich das Volk 
demselben niemals zugestehn; wenn. sie aber nicht vom Volk herkommt, woher sollte der König 
sie dann..haben? In.der That verhält es sich ganz anders mit einem Reiche, das nur durch das 
Ansehen und die. Macht des Königs entstanden ist, weil dann das Volk ihm auf keine andre Be- 
dingung hin unterworfen ist, als. dafs es seinem Willen gehorche.‘. Doch es ist mir noch gut im 
Gedächtnis, dafs Ihr in Eurer Abhandlung „vom Wesen. des Naturrechtes‘“ mit gelehrten Gründen 
bewiesen habt, dafs beide Könige an Macht gleich sind, da durch die Freiheit des einen, thöricht 
zu handeln, seine Macht nicht vergröfsert wird, ebenso wenig wie es eine Macht ist, krank werden 
oder sterben zu können. Bedeutet doch .die Fähigkeit, schlecht zu handeln, welche der unbeschränkte 
König in. gröfserem Mafse ‚besitzt als der verfassungsmäfsige, vielmehr eine Minderung als eine 
Mehrung seiner eigentlichen Macht. — Nun möchte ich noch eines von Euch hören, ob nämlich 
die englischen .Gesetze ebenso gut und nützlich für England sind, wie die Civilgesetze, nach welchen 
das heilige römische Reich regiert wird, für die Regierung der ganzen Welt genügend erachtet 
wird. Wenn Ihr mich in diesem Punkte beruhigt, so will ich mich dem Studium dieser Gesetze 
widmen und Euch nicht weiter mit Fragen beschwerlich fallen.. 
Kapitel XV. 
Was ich Euch bisher erklärt, mein Prinz, habt Ihr so gut aufgefafst, dafs Ihr wohl ver- 
dienet, Eure letzte Frage ‘beantwortet zu sehn. Wisset also, "dafs alle menschlichen Gesetze ent- 
weder ’auf Naturrecht, auf Gewohnheiten oder auf Satzungen beruhen. Indessen nehmen auch 
Gewohnheiten und Naturrecht, wenn die Sätze derselben aufgeschrieben und unter Autorität des 
Fürsten verkündet und eingeschärft worden sind, den Charakter von Satzungen oder Statuten an. 
und binden dadurch die Bürger strenger als sie es ohne dies thun würden. Von dieser Art sind sehr 
viele Sätze des Civilrechts, die: von den römischen Kaisern in dicken Bänden aufgezeichnet sind 
und ihre Gültigkeit auf deren Ansehn stützen. ‘Dadurch haben sie, ebenso wie die übrigen Statuten 
der‘ Kaiser, den Namen Civilgesetze erhalten. Wenn ich Euch nun zeige, wie in diesen drei Ge- 
bieten, die gewissermafsen den Ursprung alles Rechts bilden, die Gesetze Englands durch Vor- 
trefflichkeit “sich auszeichnen, ‘so habe ich‘ nachgewiesen,‘ dafs diese Gesetze zur Regierung dieses 
Reiches ‚gut, und nützlich sind. Und wenn ich deutlich zeige, dals diese Gesetze für England 
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