Full text: Tiernamen als Schimpfwörter

23 
wiesen werden, das, ursprünglich feminin, da es meist nur Männern gegenüber benutzt wurde 1 ), 
aber bald das männliche Geschlecht annahm und nach Art der (Neutra und) Mascuhna die 
Plurale Hundsfötter, Hundsfütter entwickelte * 2 ). 
Welche Tiernamen werden nicht als Schelte verwendet? 
und welche Tiernamen werden nur in lobendem oder wenigstens in neutralem Sinne auf Menschen 
übertragen? Diese Fragen drängen sich dem auf, der die obige umfangreiche Liste überblickt, 
die freilich nicht nur Schimpfwörter im landläufigen Sinne des Wortes enthält. Zu solchen 
Tieren gehört der Löwe nicht. Zwar sind allezeit Germanenfürsten gern mit dem Löwennamen 
geehrt worden, so Otto d. Gr., den sein eigener Sohn, der nachmalige Kaiser Otto II. „mein 
Löwe“ anredete 3 ), der Weifenherzog Heinrich, der sich den Beinamen des Löwen gern gefahen 
ließ 4 ), Gustav Adolf, „der Löwe aus Mitternacht“ 5 ), andere sind gelegenthch dem Löwen ver 
glichen worden, wie Rudolf von Habsburg 6 ), Friedrich d. Gr. 7 ), der Freiherr vom Stein 8 ). 
Aber nicht nur, daß schon seit dem frühen Mittelalter bei den biblisch 9 ) beeinflußten Schrift 
stellern der Löwe zugleich als das Symbol des Schreckens, des Zornes, der Grausamkeit auf 
gefaßt wird 10 * ), neuerdings wird auch das Wort „Löwe“ seit dem zweiten Viertel des 19. Jahr 
hunderts nach englischem Vorbilde mit deutlichem Spotte von „vorübergehender Berühmtheit“, 
„Tagesgröße“, „Modeheld“ auf Menschen übertragen, nach Ladendorf 11 ) zuerst 1828 vom 
Fürsten Pückler als „lion“ und noch in demselben Jahre von Heine als „Löwe“. 1842 folgte 
Gutzkow mit „lionne“. Zuerst hat freilich dies fremdartige Gewächs dem Deutschen nicht 
behagt, was man daraus erkennt, daß die Schriftsteller noch längere Zeit hindurch Anführungs 
zeichen oder den französisch-englischen Ausdruck gebrauchen 12 ). Der modernen Studenten 
sprache gehört endlich auch der Ausdruck „Forstlöwe“ an, der den Studierenden der Forst 
akademie bezeichnet und nicht als Schmeichelname aufgefaßt werden kann, da er einmal 
durch „Forstpolack“ vertreten wird 13 ). Auch dem Hirsch, dem „edlenHirsch“ 14 ), der besonders 
den Nordgermanen das Ideal männlicher Kraft und Schnelligkeit, das Bild des alle Helden 
überragenden Geliebten gewesen, ist es nicht viel besser ergangen, wenn er auch nicht, wie dem 
Griechen, dem Deutschen zum Symbol der Feigheit geworden 15 ). Dies Schicksal ist, wenn auch 
x ) In Grimmelshausens „Trutz Simplex“, in „Simplicianisehe Schriften“ I S. 91 kommt es auch 
einmal einem Weibe gegenüber gebraucht vor. 2 ) Vgl. Weigand, D. W.-B. I (5. Aufl. 1909) unter „Hundsfott“. 
In der Schweiz noch heute Hunds-fud masculin und feminin (Schweiz. I 682). Ich füge noch hinzu, erstens, daß 
das Schimpfwort „Lork“ im Sinne von „schelmischer Mensch“ Männern gegenüber männlich, weiblichen Wesen 
gegenüber weiblich gebraucht wird (Berghaus, Sprachschatz der Sassen II), und zweitens, daß das Wort „Balg“, 
d. i. tierische Haut ursprünglich männlich, als Schelte gegen Frauen dann auch weiblich, als Schmeichelwort auch 
neutral verwendet wird. 
3 ) Ekkeh., Casus S. Galli 16,128, 131 u. 146. 4 ) Er errichtete 1166 vor seiner Burg Dankwarderodc 
den Löwen, erbaute eine Stadt Lewenstatt und schrieb an den Dom zu Bardewik die bekannte Inschrift: Vestigia 
leonis. 5 ) Opel und Cohn, Der dreißigjährige Krieg, S. 262 und 275. (1862.) 6 ) intrepidus ut leo (Böhmer, Fontes 
113). 7 ) Der alte Löwe: Goethe an Herder 20. 6.1784 (Werke 4. Abt. 6, 309); der einsame Löwe in Sanssouci: 
Diltkey, Das Erlebnis und die Dichtung, 2. Aufl. 1907, S. 33. 8 ) E. M. Arndt, Erinnerungen aus dem äußeren 
Leben, S. 239, Wanderungen und Wandlungen, neunmal. 9 ) Der Löwe = Teufel: 1. Petr. 5, 8. 10 ) Die 
vorstehenden Bibelworte wendet NotkerPfefferkorn auf Ruodmann an (Ekkeh., Casus X 93); gleichsam ein Löwe, 
unersättlich in allen Lüsten: Greg, Tur. Hist. Franc. IV 16. u ) Hist. Schlagwörterbuch (1906) S. 197 f„ vgl. aber 
dazu Feldmann in Z. f. D. Wortf. 9,290. 12 ) So wendet Hebbel in einem Brief e vom 25. Febr. 1846 das Wort „lion“ 
a,n (Werke, ed. Adolf Stern X 115). 13 ) Kluge, Stud., S. 91. 14 ) Vgl. Lembke, Z. f. d. d. Unterricht 12, 246, 
l6 ) Übername Husch bei Socin, Mhd. Namenbuch, S. 407 und 455; die Göttinger „Finken“ hießen am Anfang
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.