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nenne Hund, Schwein, Fuchs-Schakal 1 ) —, die Gleichheit der Haustiere, der über die ganze
Erde verbreitete Glaube an die Existenz von Menschen, die die Macht besitzen, zeitweise als
reißende Tiere zu leben: als "Wölfe, Bären, Eber im Norden, als Löwen, Leoparden, Hyänen
in Afrika, als Tiger in Indien * 2 ). Auch in Tiermärchen, Tierfabeln, Tiersprichwörtern tritt eine
auffallende Übereinstimmung zutage. Weit verbreitet ist endlich die Sitte, den Kindern Tier
namen beizulegen 3 ), noch verbreiteter die Gewohnheit, sich und die Mitmenschen mit Tieren
zu vergleichen, oder was im wesentlichen auf dasselbe hinausläuft, der Mensch hat von jeher
und nahezu überall die Namen einzelner Tiergattungen zu allerlei Neck-, Spott- und Schimpf
namen verwendet.
Geographischer Überblick über die Tiernamen als Schimpfwörter.
Im Rigveda, d. i. in den ältesten Hymnen der alten Inder, finden wir zwar Stier und
Kuh mit überschwänglichen Worten gepriesen und ihnen Götter und Helden verglichen 4 ), aber
andererseits auch den Namen des Hundes im Sinne eines bösen Feindes auf Menschen über
tragen 6 ), einmal begegnet auch der Esel als Schelte, freilich noch nicht im Sinne von Dummkopf,
sondern im Sinne eines — schlechten Preissängers 6 ). Das Volk des Avesta verwendet Khrafstra,
d. i. die Gesamtheit der kleineren schädlichen Tiere 7 ), und die Schlange 8 ), die zum „Unge
ziefer“ gehört, als Schimpfwort, während eine Verwendung des Hundenamens nach Art der
Inder bei dem Parsen, dem ja der Hund das höchststehende, dem Menschen beinahe eben
bürtige Tier ist, undenkbar erscheint 9 ). Für die Semiten zeuge die Bibel. Reben zahlreichen
Tiervergleichen und Tiermetaphern, die von der Liebe der alten Flebräer zu Natur und Tier
welt Zeugnis ablegen, sind auch Tiere zu nennen, die der Bibel unsympathisch erscheinen,
so der Hund, das Schwein, der Strauß, der Hiob 39,15 für dumm erklärt wird, 'während der
Löwe ein Janusgesicht zeigt 10 ). Es finden sich aber auch wirkliche Schimpfwörter: Hund,
4 ) Der indisch-europäische Fuchs-Schakal ist bekannt, aber auch in den Fragmenten einer
altbabylonischen Tiersage spielt der Fuchs die Rolle des listigen und heuchlerischen Tieres. (0. Schräder,
Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde, S. 258). Der Schakal spielt dieselbe Rolle in Sagen
und Märchen Ostafrikas (Schillings a. a. 0. S. 340). (Eine sudanesische Fabel, die das bestätigt,
steht im „Globus“ 39, 382), bei den Hottentotten (Bleek, Reineke Fuchs in Afrika, Weimar 1870, S. 2)
und bei den Haussa(ebenda S. 92 ff., 131 ff.). Vgl. auch F. Liebrecht, Ein Fuchsmythus (Germania 11, 99 ff.).
Den japanischen Fuchsgeschichten ähneln die Erzählungen der Eskimo („Globus“ 32,124). Volkssagen und
Fabeln über den Fuchs in Peru: Bastian, Die Kulturländer des alten Amerika, Bd. 1 (1878) S. 52, 501, 529.
2 ) Andree, Ethnogr. Parallelen S. 62 ff. 3 ) Bregenzer a. a. 0. S. 37, A. 6. Die größte Vorliebe für Tier
namen haben wohl die alten Germanen gehabt und die Indianer. Den Schluß auf Totemismus bei den Germanen
hat schon H. Schurtz, Urgeschichte der Menschheit (1900) S. 102 gewagt.
4 ) Vgl. De Gubernatis, Die Thiere in d. indogermanischen Mythol., deutsch von M. Hartmann (Leipzig
1874) S. 1, 32 ff., 70 ff. 5 ) Die Stellen bei W. Geiger, Ostiranische Kultur im Altertum (Erlangen 1882),
S. 369. 6 ) Rigveda I 29 (Übers, von A. Ludwig, Bd. II S. 552): gardabba, morde, Indra, den esel, der auf
seine böses verkündende weise brüllt. (Der „dumme“ Esel ist erst durch die Griechen in Indien eingedrungen
nach de Gubernatis S. 278 u. 282.) Vgl. auch noch Rigv. X 95 (Ludwig II 635): Purüvaväs, stirb nicht, kom
nicht um, nicht sollen die heillosen wölfe dich fressen; aber es gibt keine freundschaft mit frauen herzen, wie
die höllenwölfe sind sie (Winternitz, Gesch. d. altind. Literatur I 9 und Zimmer, Altind. Leben, S. 81 über
setzen statt „Höllenwolf“ „Hyäne“.). 7 ) Geiger a. a. 0. S. 160. 8 ) Der Perseroberst Rhoxanes schimpft
am persischen Hofe Themistokles: du griechische Schlange! (Plut. Them. 28). 9 ) Geiger S. 368.
10 ) Vgl. Stern, Tierquälerei und Tierliebe in der jüdischen Lit. (Zürich 1880) S. 5 ff., und Riehm, Handwörterbuch
des bibl. Altertums, unter „Tiere“.