54
einzugehen. Zu beachten ist, daß der Hauptzweck der Zahnpflege die mechanische
Reinigung von anhaftenden Speisebelägen sein soll. Eine vollständige Desinfek
tion der Mundhöhle, die so viele Zahnpflegemittel versprechen, ist weder möglich
noch nötig. Zu warnen ist vor solchen Mitteln und Präparaten, die ein Bleichen
der Zähne herbeiführen. Durch Anwendung derartiger Chemikalien wird der
Entkalkung des Schmelzes und dem Eintritt der Karies Vorschub geleistet, ebenso
wenig sind laugenhaltige Seifen zu empfehlen, weil sie das Zahnfleisch und die
weniger harten Zahnhälse angreifen. Die mechanische Reinigung der Zähne
wird wirksam unterstützt durch Zahnpulver. Das billigste und wegen seiner
geringen Schleifkraft mit Recht so viel gebrauchte ist die Schlemmkreide. Zu
warnen ist vor Bimsstein, Holzkohle, Zigarrenasche, Austernschalen, welche
keilförmige Ausschleifungen an den Zähnen veranlassen. Die wegen ihres er
frischenden Geschmacks viel gebrauchten Mundwässer sind, solange sie keine
ätzenden oder färbenden Stoffe enthalten, zu empfehlen. Der in ihnen enthaltene
Alkohol übt auf lockeres, entzündetes Zahnfleisch eine vorteilhafte, zusammen
ziehende Wirkung aus.
Bei unregelmäßigen, engstehenden Zähnen ist zur Entfernung von Speise
resten die Anwendung des Zahnstochers oft nicht zu umgehen. Am geeignetsten
sind solche aus Federkielen oder Zelluloid; Nadeln, Gabelspitzen, schmutzige
Stahlfedern gehören nicht in den Mund. Auch das Durchziehen eines Seiden
fadens ist zur Reinigung der Zwischenräume zweckmäßig; reißt dabei der Faden,
oder nimmt er einen schlechten Geruch an, so ist gewöhnlich ein Kariesherd
die Ursache.
Da die Karies gewöhnlich an versteckten Stellen ihren Anfang nimmt, emp
fiehlt es sich, jedes halbe Jahr sein Gebiß untersuchen zu lassen. Je früher die
Krankheit entdeckt wird, desto schmerzloser und einfacher gestaltet sich die
Behandlung. Kariöse Zähne sollten, wenn die Wurzeln es noch zulassen, unbe
dingt erhalten werden. Durch das Herausziehen eines Zahns werden mehrere
Zähne in ihrer Funktion geschädigt: der Gegenzahn im anderen Kiefer beißt
in die Lücke, die beiden Nachbarzähne neigen sich auf die Seite; andererseits
sollten Zähne, deren Erhaltung nicht mehr möglich ist, baldigst entfernt werden,
bevor sie weiteren Schaden anrichten. Welch große Bedeutung der Erhaltung
auch der kindlichen Zähne zukommt, ist schon oben ausgeführt und wird in
immer weiteren Kreisen anerkannt. Ein Beweis hiefür sind die zahlreichen,
mit der Schule verknüpften Zahnfürsorgestellen im Reiche. Die Kinder werden
dort in der Zahnpflege unterwiesen und, wenn nötig, in Kliniken oder Privat
praxen behandelt. Die Kliniken werden durch Beiträge von Gemeinden, Kranken
kassen, Vereinen und Eltern unterhalten. Die Behandlung erfolgt gegen geringe
Entschädigung oder, wie z. B. in der städtischen Schulzahnklinik in Stuttgart,
völlig kostenfrei.
Da für eine gute Verdauung die gründliche Zerkauung der Speisen nötig ist,
empfiehlt es sich, verlorene Zähne ersetzen zu lassen. Bei der Kostspieligkeit
von Goldersatzstücken werden gewöhnlich Kautschuk platten verwendet. Die
Träger solcher Platten haben allen Grund zu sorgfältiger Pflege etwa noch vor
handener eigener Zähne, die an den Berührungsflächen mit dem Kautschuk oder
Gebißklammern besonders kariesgefährdet sind. Nach dem Essen soll die Platte
herausgenommen und abgespült werden. Das Tragen falscher Zähne bei Nacht