Full text: Ausstellung für Gesundheitspflege Stuttgart 1914

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einzugehen. Zu beachten ist, daß der Hauptzweck der Zahnpflege die mechanische 
Reinigung von anhaftenden Speisebelägen sein soll. Eine vollständige Desinfek 
tion der Mundhöhle, die so viele Zahnpflegemittel versprechen, ist weder möglich 
noch nötig. Zu warnen ist vor solchen Mitteln und Präparaten, die ein Bleichen 
der Zähne herbeiführen. Durch Anwendung derartiger Chemikalien wird der 
Entkalkung des Schmelzes und dem Eintritt der Karies Vorschub geleistet, ebenso 
wenig sind laugenhaltige Seifen zu empfehlen, weil sie das Zahnfleisch und die 
weniger harten Zahnhälse angreifen. Die mechanische Reinigung der Zähne 
wird wirksam unterstützt durch Zahnpulver. Das billigste und wegen seiner 
geringen Schleifkraft mit Recht so viel gebrauchte ist die Schlemmkreide. Zu 
warnen ist vor Bimsstein, Holzkohle, Zigarrenasche, Austernschalen, welche 
keilförmige Ausschleifungen an den Zähnen veranlassen. Die wegen ihres er 
frischenden Geschmacks viel gebrauchten Mundwässer sind, solange sie keine 
ätzenden oder färbenden Stoffe enthalten, zu empfehlen. Der in ihnen enthaltene 
Alkohol übt auf lockeres, entzündetes Zahnfleisch eine vorteilhafte, zusammen 
ziehende Wirkung aus. 
Bei unregelmäßigen, engstehenden Zähnen ist zur Entfernung von Speise 
resten die Anwendung des Zahnstochers oft nicht zu umgehen. Am geeignetsten 
sind solche aus Federkielen oder Zelluloid; Nadeln, Gabelspitzen, schmutzige 
Stahlfedern gehören nicht in den Mund. Auch das Durchziehen eines Seiden 
fadens ist zur Reinigung der Zwischenräume zweckmäßig; reißt dabei der Faden, 
oder nimmt er einen schlechten Geruch an, so ist gewöhnlich ein Kariesherd 
die Ursache. 
Da die Karies gewöhnlich an versteckten Stellen ihren Anfang nimmt, emp 
fiehlt es sich, jedes halbe Jahr sein Gebiß untersuchen zu lassen. Je früher die 
Krankheit entdeckt wird, desto schmerzloser und einfacher gestaltet sich die 
Behandlung. Kariöse Zähne sollten, wenn die Wurzeln es noch zulassen, unbe 
dingt erhalten werden. Durch das Herausziehen eines Zahns werden mehrere 
Zähne in ihrer Funktion geschädigt: der Gegenzahn im anderen Kiefer beißt 
in die Lücke, die beiden Nachbarzähne neigen sich auf die Seite; andererseits 
sollten Zähne, deren Erhaltung nicht mehr möglich ist, baldigst entfernt werden, 
bevor sie weiteren Schaden anrichten. Welch große Bedeutung der Erhaltung 
auch der kindlichen Zähne zukommt, ist schon oben ausgeführt und wird in 
immer weiteren Kreisen anerkannt. Ein Beweis hiefür sind die zahlreichen, 
mit der Schule verknüpften Zahnfürsorgestellen im Reiche. Die Kinder werden 
dort in der Zahnpflege unterwiesen und, wenn nötig, in Kliniken oder Privat 
praxen behandelt. Die Kliniken werden durch Beiträge von Gemeinden, Kranken 
kassen, Vereinen und Eltern unterhalten. Die Behandlung erfolgt gegen geringe 
Entschädigung oder, wie z. B. in der städtischen Schulzahnklinik in Stuttgart, 
völlig kostenfrei. 
Da für eine gute Verdauung die gründliche Zerkauung der Speisen nötig ist, 
empfiehlt es sich, verlorene Zähne ersetzen zu lassen. Bei der Kostspieligkeit 
von Goldersatzstücken werden gewöhnlich Kautschuk platten verwendet. Die 
Träger solcher Platten haben allen Grund zu sorgfältiger Pflege etwa noch vor 
handener eigener Zähne, die an den Berührungsflächen mit dem Kautschuk oder 
Gebißklammern besonders kariesgefährdet sind. Nach dem Essen soll die Platte 
herausgenommen und abgespült werden. Das Tragen falscher Zähne bei Nacht
	        
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