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-Herwig, weilt dort vielleicht g'rad jetzt auch ihr Gemahl?
Vielleicht auch beider Sohu?
G u d r u n (den sich überstürzenden Fragen lächelnd begegnend).
Gemach der Eile!
Frau Gerlind wohnt dorr, und auch Bönig Ludwig
Und -Hartmut weilten dorr bis heute morgen
Mir starker Mannschaft. Ob sic ausgerirren
Etwa schon sind und ob sie reiten werden,
wir wistens nicht —
-Herwig. Mit starker Mannschaft, sagst Du.
Sind eines Ucbcrfalls sie denn gewärtig?
Orr wein. Und wenn sie reiten, welchen neuen Raub gilts?
Gudrun. Auch das ist nicht bekannt uns. Unvergolten
Ist freilich noch, was sie an Bönig -Hettel,
An seinem Weib' und Bind', an Land und Volk
Der -Hegelingen einst verbrochen haben.
Doch daß von dort sie nach so vielen Jahren
Noch einen Rachezug zu fürchten harren
Und fürchteten, dawider sie sich rüsten,
Davon ward, daß wir's hörten, nickt gesprochen.
(Hildburg, die bis jetzt schweigend bei den Sprechenden gestanden
hat, überfallt in ihrem nassen dünnen Hemde von dem kalten winde
ein Frost, den sie nicht mehr verbergen kann.)
Ortwein. Du zitterst, zartes Magdlein, ja vor Balte.
-Herwig, wie Schauer packt sie 's. -Hurtig hol' ich
Aus unser'm Book', Euch beid' hineinzuhüllen, jManrel
Da ihr die Arbeit, die Euch wärmt, uns opfert.
Gudrun. Last' nur! wir danken. Eines Mannes Bleid
An unser'm Frauenleib' müßt' uns beschämen.
(Zu Hildburg.) Mach' Dir Bewegung, -Hildburg, daß Du warm
wirst!
((Zu de» Männern.) wirsind an Frost und Frieren schon gewöhnt.
Ort wein (hat bei Nennung des Namens Hildburg mit Herwig
einen freudig erfchrockenen Blick getauscht. und spricht nun im Sinne
beider zu Gudrun, während Hildburg deren Rat befolgt und den
Frostschauer fchnell überwindet.)
Von unvergolt'ner Tat an Bönig -Hettel,
An Weib und Bind, an Land und Volke sprachst Du.
wir wissen auch davon, wo aber blieben —
Sag', wenn Du's weißt! — die weggeschleppten Frauen?
wo Bönig -Herrels Bind, die arme Gudrun?
Gudrun (die den Blick, den die Männer taufchten, wohl be
merkt hat), wer seid Ihr? Eure Bleider künden Fischer.
Doch künden wahr sie oder sind sie Schelme?
was kümmert Euch der, Frau'n und Gudruns Schicksal?
Ortwein (launig zu Herwig).
O weh! Die Rollen sind verrauscht. Jetzt sollen