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Die Dornenrute auf den bloßen Rücken
Soll fremdes Gur Dich achten lehren! — Erst
wird stundenlang gefaulcnzr. Neulich Abend
Schon fah man bei den Rebfen einen Rcrl.
Nun gar im Morgenlicht' mit Fischerkncchren
Verschwatzen stc die Zeit. Und diese stolze,
Die einem Rönigssohn' sich will versagen,
wirft an den -Hals sich gleich den beiden Rerlen
Und laßt sich kosen als ihr Minnemetzchen. —
Schämst Lu Dich nicht? Und treibst noch diesen Unfug?
Stieg, da die Buhlen fort sind, Dir die Brunst
Etwa zu Ropfe? Macht der rolle Rausch,
Die Sinne Dir verwirrend, Dich zur Narrin?
G u d r u n (die inzwischen aufgehört hat, Wäschestücke ins
Meer zu werfen, und Gerlinds Schelten und Fragen ruhig angehört hat).
Schad' um Dein Schelten! Und die Rute spar' nur!
Ich werde nimmer waschen mehr, Frau Gerlind.
Du gönn' der Flut, was froher Mut ihr gab!
Ein Neues ist heut' über mich gekommen.
Ich will nicht Magd mehr fein, will Rön'gin werden,
Und morgen küst' ich meinen Röntg —
Ger lind (ganz verdutzt und umgewandelt), wie?
Ist's Wahn? Ist's Wahrheit?^ Endlich harrest Du
Den lang' erstarrten Sinn geändert? Harrmur,
Dem Rön'ge, folgest Du als Rönigin?
wirst doch noch meine liebe Tochter? Täubchen!
wie hab' ich Dich gekränkt mit bösen Worten!
Gewiß nicht kostest Lu mir Fischerknechren;
Ihr schwatztet nur ein wenig, und was Hergarr
Geglaubt hac noch zu seh'n, war arge Täuschung.
Hergart. Ich sah, was ich Dir sagte.
Gerlind (zu Hergart). Ganz gewiß
Hast Du mir nicht gelogen, liebes Rind.
Doch Dich getäuscht schon har Dein spürend Auge
Auf die Entfernung von der Burg zum Meere.
(Zu Gudrun). Nun lass' uns schnell hinaufgeh'n, Töchterchen,
Daß Harrmur gleich erfahre all sein Glück!
(Das Folgende wird gleichsam auf dem Wege hinauf zur Burg
gesprochen.)
Gudrun. Doch, wie ich sagte, küss' ich meinen Rönig
Erst morgen. Immerhin mag Harrmur Boren
Schon heut' in der Normannen Gaue senden,
So viele deren sind, daß seine Freunde
Alsbald zu Hofe kommen, ihre Rön'gin
Tu grüßen und in Treue ihr zu huld'gcn.