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Eine Eintömmensgrenze, über die hinaus eine Aufnahme in die
Säuglingsfürsorge nicht stattfinden darf, ist nicht gesetzt. Die Art des
Betriebes der Fürsorgestellen bringt es ohnehin mit sich, daß sie von
solchen Personen nicht benutzt werden, die ihrer Hilfe nicht bedürfen.
Die Inanspruchnahme der FürsorAinrichtungen und anderer für
die Zwecke der Säuglingspflege vorhandener Anstalten muß den Hilfe
suchenden so leicht gemacht werden, als nur irgend möglich. Ins
besondere ist, wenn ein kranker Säugling der Anstaltspflege bedarf oder
wenn eine Schwangere obdachlos ihrer Entbindung entgegensieht, die
Aufnahme in eine Anstalt nicht erst von der Beschaffung eines Ueber-
weisungsscheines der zuständigen Stelle abhängig zu machen. Alle in
Betracht kommenden hiesigen Anstalten sind daher ermächtigt, in solchen
Fällen jeden in Charlottenburg wohnhaften Aufnahmebedürftigen ohne
vorherige Anfrage und ohne Vorschußzahlung, Nötigenfalls für Rech
nung der Armenverwaltung, aufzunehmen. Die Armenverivaltung
prüft dann ihrerseits nach, ob ein wirklicher Armenpflegefall vorliegt
und ob eine Wiedereinziehung der Kosten möglich ist. Es kaun weiter
zur Entbindung nicht nur auf Grund des vom Armenkommissions
vorsteher ausgestellten Scheines die Hilfe jeder beliebigen hiesigen
Hebamme in Anspruch genommen werden, sondern der Schein kann
auch nachträglich innerhalb 14 Tagen nach der Entbindung nachgesucht
lverden, damit keine hilfsbedürftige Frau ohne die Hilfe einer
Hebamme bei der Entbindung bleibt. Ferner find die städtischen
Waiseninspektoren ermächtigt, wenn augenblickliche Hilfe geboten ist,
aus einer ihnen zur Verfügung gestellten Handkasse sofort kleine Unter
stützungen für Rechnung der Armenverwaltung zu zahlen, bis die
Organe der Armenpflege eintreten; sie sind weiter ermächtigt, jedes
ihrer Vormundschaft unterstehende Kind ohne weiteres für Rechnung
der Stadt in eine städtische Pflegestelle unterzubringen, wenn und so
lange von anderer Seite Mittel zur Zahlung nicht zu erlangen sind.
Die Inanspruchnahme der Fürsorgeeinrichtuugeu und der Bezug
von Säuglingsnahrung dürch die Fürsorgestellen gilt auch daun, wenn
er ganz unentgeltlich erfolgt, n i ch t als Armenunterstützung. Eine
Beeinträchtigung der. politischen Rechte tritt also dadurch nicht ein.
Jede Mutter und Pflegemutter, die ihr Kind in den Sprech
stunden der Fürsorgestelle vorstellt, erhält eine Ausweiskarte
und eine Merkblatt. (Ein Merkblatt für Kleinkinder ist in Vor
bereitung.)