Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Amentia. 
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Gewalttätigkeit, Angst oder Verzückung, öfters Aphasie- 
Erscheinungen (siehe S. 38). Schwerfälligkeit im Antworten. 
Bei hysterischem Delir theatralisch-pathetisches 
Wesen. Meist Situationstäuschungen: Patienten glauben 
sich oft in die Zeit eines affektbetonten Erlebnisses zurück 
versetzt (Remineszenzdelir S. 135). 
Sogenanntes Delirium acutum ist nur ein Syndrom, 
das bei den verschiedenartigsten Psychosen auf der Höhe 
der Erkrankung beobachtet werden kann: Schwerste deliriöse 
Verwirrtheit mit heftigster motorischer Unruhe, Fieber und 
Kräfteverfall. Häufig tödlicher Ausgang. (Bei Manie, Melan 
cholie, Amentia, Katatonie, Dem. paralytica, Dem. senilis.) 
b) Amentia. (Halluzinatorische Verwirrtheit, 
akutes halluzinatorisches Irresein.) 
Aetiologie: Zugrunde liegen meist infektiöse Vorgänge, 
dann Autointoxikation, vielleicht auch Erschöpfung (?) durch 
Strapazen aller Art, Unterernährung, Siechtum, schwächende Krank 
heiten, angreifende Operationen, Puerperium, Laktation. Es be 
steht nur ein gradueller Unterschied gegenüber Infek 
tionsdelirien. 
Beginn: Nach kurzem Vorstadium nervöser Beschwer 
den mit Schlaflosigkeit, Appetitmangel, Reizbarkeit setzt 
die Psychose akut ein mit Erregungen, Sinnestäuschungen, 
Bewusstseinsstörung. Seltener ist plötzlicher Beginn mit 
krampfartigen Zuständen. 
Verlauf: Es entwickelt sich eine schwere Verwirrtheit 
mit Unmöglichkeit der Orientierung, besonders für Ort und 
Zeit, mit weitgehender Inkohärenz des Gedankenablaufs 
und Ratlosigkeit. 
Massenhafte Sinnestäuschungen finden sich auf allen Ge-, 
bieten, dazu rasch wechselnde Wahnideen, Sprachverwirrtheit 
mit Neigung zu Reimen, Perseveration und Verbigeration fallen auf. 
Rhythmische Gebärden, zielloseUnruhe bis zur Tobsucht wechseln mit 
mehr stuporösem Verhalten. Der Affekt ist ganz unbeständig; die 
Merkfähigkeit stark beeinträchtigt. Anfangs kommt es noch zu weit 
gehenden Remissionen. Wichtig ist die Neigung zu plötzlichen Ver 
kehrtheiten : Angriffe, Selbstmord. Bei beginnender Aufhellung trifft 
man gewöhnlich auf gereiztes Wesen mit Beeinträchtigungsideen. 
Prognose: In der Mehrzahl der Fälle Heilung nach Mo 
naten, wenn nicht Tod eintritt durch Kollaps, Fettembolie, soma 
tische Grundkrankheit oder andere Komplikationen. Selten Aus 
gang in chronischen Schwächezustand. 
Therapie: Ueberwachung. Bettruhe. Reichliche Ernährung, 
eventuell mit der Schlundsonde. Exzitantien, auch Alkohol. Bis
	        
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