e) Korsakowsche Psychose.
(Amnestischer Symptomenkomplex der Trinker.)
Aetiologie: Jahrelanger Alcoholismus chronicus (oft Likör
und schwere Weine!): Vielfach früher schon iiberstandenc Delirien,
epileptische Symptome, Eifersuchtswahn u. dgl. Auf körperlichem
Gebiete Alkoholneuritis mit Gliederschmerzen und Lähmungen.
Beginn: Entweder lässt das Gedächtnis allmählich im
Laufe von Jahren immer mehr nach, oder plötzlich setzt
die Psychose ein aus einem Delirium tremens heraus oder
nach einem stuporösen Vorstadium, eventuell im Anschlüsse
an epileptische Krämpfe. Die Merkfähigkeit geht verloren!
Verlauf: Es finden sich (in der Regel verbunden mit
polyneuritischen Erscheinungen) schwerer Gedächtnisausfall,
selbst auf Jahre zurück (retrograde Amnesie S. 86), Aufhebung
der Merkfähigkeit mit Desorientierung und Neigung, die Ge
dächtnislücken durch Konfabulation (siehe S. 107) auszufüllen.
Episodisch, vor allem nachts, stellen sich zuweilen delirante
Phasen ein, auch einzelne Halluzinationen. Die Stimmung
ist meist stumpf, zufrieden und heiter (Euphorie), gelegent
lich ängstlich. Allmählich entwickelt sich deutliche Urteils
schwäche. Gelegentlich machen sich später auch Eifer
suchtsideen .bemerkbar.
Prognose: Meist kommt es zu bleibender geistiger Schwäche
verschiedenen Grades; zuweilen, zumal bei den akut entstandenen
Formen, zu erheblicher Besserung; selten zu völLiger Heilung.
Therapie: Enthaltung von jedem Alkohol. Anfangs Bett
ruhe. Behandlung der einzelnen Symptome. (Schwitzkur bei
gleichzeitiger- Neuritis.)
Untersuchung auf Korsakowsche Psychose.
Anamnese: Zu fragen nach Potus, früheren Delirien
usw., neuritischen Prozessen (Reissen, Lähmungen), Abnahme
des Gedächtnisses.
Status som.: Lichtreaktion der Pupillen erhalten;
Sprache frei. Dagegen finden sich neben anderen Sym
ptomen von Alcoholismus chronicus (siehe S. 155!) meist
neuritische Erscheinungen: Druckempfindlichkeit von Nerven
und Muskeln, Atrophien, Paresen, Fehlen der Kniephänomene.
(Besonders häufig Radialis- und Peroneuslähmungen.)
Status psych.: Aufhebung der Merkfähigkeit (siehe
S. 109) mit Neigung zu Konfabulationen (siehe S. 107),
auch mit Desorientierung, Urteilsschwäche (siehe S. 111).
Differentialdiagnostisch ist die Anamnese wichtig.
Ganz ähnliche Bilder von amnestischem Symptomenkomplex
Raecke, Psychiatrische Diagnostik. 7. Aufl.