Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

32 Status somaticus. 
nicht: Hemiplegia alternans (Facialis derselben Seite, 
Arm und Bein der gekreuzten Seite gelähmt). Bei hysteri 
scher Hemiplegie bleibt das Gesicht fast stets frei. 
Totale halbseitige Facialis-Lähmung ist leicht zu er 
kennen, wenn nicht eine Kontraktur zur Lähmung hinzugetreten 
ist: Die Stirne ist glatt, nicht zu runzeln. Das Auge steht offen, 
lässt sich nicht schliessen wegen Lähmung des M. orbicularis oouli: 
Lagophthalmus. Das Unterlid hängt herab, und es besteht 
Tränenträufeln. Bei Versuch, das Auge zu schliessen, flieht der 
Bulbus nach oben unter das gesenkte Oberlid, ohne dass Augen 
schluss erreicht wird: Bellsehes Phänomen. (Seltener flieht 
der Bulbus unter das Unterlid: Inverser Bell.) Die Nasolabialfalte 
ist verstrichen, der Mund nach der gesunden Seite verzogen. Auf 
der kranken Seite hängt der Mundwinkel herab, und es entweiöh: 
dort die Luft beim Blasen. Ausblasen eines Lichts gelingt besser 
nach der kranken Seite hin, weil hier die Luft .entweicht. Der 
Mund kann nicht zum Pfeifen gespitzt werden. 
Bei totaler doppelseitiger Facialis-Lähmung fehlt 
jedes Mienenspiel. 
Uebrigens ist der obere Ast öfter mitbeteiligt, als man an- 
nimmt. Eine geringe Schwäche desselben tritt namentlich zutage 
bei dem Versuche, jedes Auge einzeln zu schliessen. Der Versuch 
gelingt auf der Seite der Facialis-Schwäche schlechter. 
Zu beachten ist immer als Fehlerquelle, ob eine ange 
borene Differenz beider Gesichtshälften oder eine gewohnheitsmässige 
ungleiche Innervation seit Jahren besteht (Anamnese, eventuell 
alte Photographien zu berücksichtigen!); ferner ob Narben im 
Gesicht eine Facialisdifferenz Vortäuschen, ob auf einer Seite die 
Zähne fehlen, ob die Pfeife immer in demselben Mundwinkel ge 
tragen wurde. 
Gesteigerte mechanische Erregbarkeit dos Facialis 
äussert sich durch Zucken der von ihm versorgten Gesichtsmuskel n~ 
bei Beklopfen seines Stammes oder schon bei Bestreichen der 
Gesichtshaut: Chvosteksches Zeichen (besonders bei Tetanie, 
seltener bei allgemein nervösen Zuständen und Katatonie). 
Die Zunge zittert beim Herausstrecken besonders bei 
Alkoliolisten (sehr stark bei Delirium tremens) und bei 
Dementia paralytica (hier besteht häufig gleichzeitig ein 
fibrilläres Wogen der Zungenmuskulatur und Flattern der 
Wichtig, weil häufig vorhanden und dabei schwieriger 
zu erkennen, ist eine zentral bedingte leichte Schwäche 
(Parese) des Mundfacialis. Man lasse den Patienten lachen, 
pfeifen, sprechen und beachte, welche Mundhälfte weniger 
bewegt wird. (Häufig bei Dementia paralytica und Arterio 
sklerose des Gehirns.)
	        
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