Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Status somaticus. 
schnellen des Unterschenkels auslöst, ist ein Zeichen für 
Erkrankung der Pyramidenbahn (cerebral oder im 
Seitenstrang des Rückenmarks). Besonders bei multipler 
Sklerose, Lues cerebrospinalis und Dementia paralytica. 
Einseitige Steigerung spricht mehr für einen cerebralen 
Sitz der Pyramidenbahnläsion (z. B. Blutung in die Capsula 
interna). 
Die Pyramidenbalm (Willkürbahn) zieht von den motorischen 
Zentren der vorderen Zentralwindung durch Capsula interna, Fuss 
des Hirnschenkels, ventralen Teil des Pöns und der Medulla ob- 
longata, kreuzt dann grösstenteils hinüber zum Seitenstrang der 
entgegengesetzten Seite des Rückenmarks, bleibt zum kleineren 
Teile im gleichseitigen Vorderstrange. Die Pyramidenseitenstrang 
bahn lässt ihre Fasern in den verschiedenen Höhen des Rücken 
marks allmählich zu den motorischen Vorderhornzellen treten und 
übt einen hemmenden Einfluss auf die spinalen Reflexvorgänge 
aus. Bei seinem Wegfälle durch Zerstörung der Pyramidenhahn 
sind die Sehnenreflexe hochgradig gesteigert. 
Methoden zur Prüfung des Kniephänomens. 
. Das Kniephänomen wird im Sitzen oder Liegen "geprüft. Sitzt 
der Kranke auf einem Stuhle, so stelle er das Bein leicht vor, 
so dass die Patellarsehne deutlich zu fühlen und die Muskulatur 
entspannt ist. Der Oberschenkel sei entblösst, damit leichte 
.Zuckung des Quadriceps dem Untersueher nicht entgeht. Aus 
schlag des Unterschenkels ist nicht erforderlich. Der Untersucher 
stehe auf der rechten Seite und ziele genau auf die Patellarsehne 
mit schwerem Perkussionshammer. Spannt der Kranke, suche 
, man ihn durch Fragen abzulenken, lasse ihn rechnen oder lesen. 
Liegt der Kranke auf dem Rücken, hebe man von rechts her 
mit linker Hand seinen Oberschenkel an, ohne sich den Quadriceps 
zu verdecken, und fordere auf, den Unterschenkel schlaff fallen 
zu lassen. Man kann auch den Kranken ein Bein über das andere 
legen lassen. 
J eüdrassikseher Kunstgriff: Gelingt es so noch nicht, 
das Kniephänomen zu erzielen, lasse man den Kranken die ge 
krümmten Finger beider Hände ineinander hake?) und im Momente 
des Schlagens auf Kommando kräftig ziehen. 
Bei negativem Ergebnisse genügt niemals eine Prüfung. Ist 
die Sehne sehr schlaff, muss das Knie stärker gebeugt werden. Bei 
fetten Personen ist die Sehne schlecht zu treffen. Lokale Verän 
derungen (Arthritis) können von Einfluss sein. 
Ausnahmen: Angeborener Mangel des Kniephänomens 
ist ausserordentlich selten; eher kann überstandene Neuritis 
des N. cruralis in Betracht kommen (Alkohol. Diphtherie. 
Beriberi und dergl.), die das Kniephänomen dauernd zum 
Schwinden gebracht hat.
	        
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