Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

I 
Status somaticus. 
an einer Extremität (las Vorhandensein segmentaler Sensibilitäts 
störungen festzustellen, muss man mit der Prüfung rings um das 
Glied herumgehen. Zu beachten ist ferner, dass sich die Grenzen 
einer anästhetischen Zone erweitern, wenn man mit der Prüfung 
von dieser Zone aus nach dem Gesunden fortschreitet, sich da 
gegen einengen, wenn man die Prüfung im Gesunden beginnt. 
Erhält man widersprechende Angaben, ist es gut, jeden Punkt, 
dessen Berührung angeblich nicht gefühlt wurde, genau mit einem 
Kreuz anzustreichen und nachher von Zeit zu Zeit, wieder zu 
prüfen. Manchmal liegt eine hypästhetischc.Zonc mit „unsicheren“ 
Antworten an der Grenze des anästhetischen Gebietes. Auch 
vergleiche man die Sensibilität korrespondierender Hautstellen 
rechts und links und frage, ob die Berührung beiderseits die 
gleiche Empfindung bedingt. Namentlich bei Hysterie bestehen 
häufig Differenzen. Dagegen hüte man sich zu fragen, auf welcher 
Seite die Empfindung besser sei, um nicht die Antwort zu beein 
flussen. 
Nadel: Man prüfe in der Weise, dass man die Haut bald 
mit dem Kopf, bald leicht mit der Spitze berührt und den 
Kranken angeben lässt, ob er „Spitz“ oder „Stumpf“ gefühlt hat. 
— Glaubt er, statt einer Spitze gleich mehrere zu fühlen, spricht 
man von Polyästhesie. 
b) Das Schmerzgefühl prüft man entsprechend mit 
leichten und tiefen- Nadelstichen. Aufhebung der Schmerz 
empfindung heisst Analgesie, Herabsetzung Ilvpalgesie, Stei 
gerung Hyperalgesie. 
Man muss den Patienten belehren, dass es nicht darauf an 
kommt, ob er den Stich aushalten kann, sondern ob er ihn über 
haupt als Schmerz, als Brennen, oder nur als Berührung empfindet. 
Die Empfindung des Schmerzes kann auch verlangsamt sein, so 
dass zunächst nur Berührung, dann erst Schmerz verspürt wird 
(manchmal bei Tabes). Bei Vergleichen zwischen rechts und links 
steche man an beiden Stellen gleichzeitig und frage, wo Patient 
den Stich gemerkt hat. Wenn Stiche überhaupt nicht empfunden 
werden, kann ein längerer Strich mit der Nadelspitze (Summation 
der Reize) zuweilen noch gefühlt werden. Starken Reiz setzt 
Kneifen einer Hautfalte. 
Beachtung verdient, dass sieli oft bei schmerzhaftem Reiz' 
die Pupillen erweitern! 
c) Bei dem Temperatur gef iilil handelt es sich um 
die Unterscheidung von Warm und Kalt. Am einfachsten 
berührt man die Haut abwechselnd mit zwei Reagenzgläsern, 
deren eines mit kaltem, das andere mit warmem Wasser 
gefüllt ist. Die Differenzen dürfen nicht so stark sein, dass 
sie Schmerz erregen. Man spricht von Thermanästhesie, 
wenn der Kranke Warm und Kalt verwechselt.
	        
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