vm
Vorwort.
Es geht um das Problem „Kirche und Krieg“’ und somit um eine
historische Grundlegung der abendländischen Kriegs- und Krieger
ethik schlechthin.
Oie vorliegende Arbeit will also nicht die Entstehung der Kreuz
zugs b e w c g u ng nach je der Richtung hin aufklären, sondern be
schränkt sich auf den Krcuzzügs g e cl a n k e n und seine Entwick
lung bis zum ersten Kreuzzug. Andernfalls müßte sie natürlich auch
auf die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein-
gehen, die die äußeren Voraussetzungen für das Kreuzfahrertum
schufen. Man braucht ja nur darauf zu verweisen, daß. gleichzeitig
das Söldncrtum im Abendland emporkam und an verschiedenen
Punkten eine kriegerische und kolonisatorische Expansion statt fand.
Aber cs ist unbestritten, daß nicht nur die Aussicht auf Solch Beute
und Landgewinn, sondern auch die auf Sündenvergebung und
himmlischen Lohn die Krieger des Hochmittelalters in Bewegung
gesetzt hat. Wenn wir diese Tatsache gesondert zu erfassen suchen,
so heißt das nicht, daß wir dabei gegenüber allen Vorgängen außer
halb der reingeistigen Sphäre blind sein wollen. Da der Kretizzugs-
gedanke von der Kirche geformt worden ist, müssen diejenigen Tat
bestände sozialer, verfassungsmäßiger und politischer Art, die die
Haltung der Kirche und des Papsttums in dieser Frage mitbestimmt
haben, selbstverständlich berücksichtigt werden. Unfruchtbar aber
wäre der Versuch, in den Motiven der Kreuzfahrer das Mischungs
verhältnis zwischen idealen und realen Momenten genau bestimmen
zu wollen. Die These, daß der kirchliche Appell ihr einziges Motiv
gebildet habe, wäre selbstverständlich falsch, nicht minder verkehrt
aber die umgekehrte Meinung, daß er als solcher wirkungslos und
nur Fassade gewesen sei. Da es feststehf, cl a ß der kirchliche Kreuz
zugsgeclanke eine historische Kraft war, fragen wir nicht, wie
stark er im Vergleich zu anderen konkurrierenden Momenten
psychologisch wirksam war, sondern wollen untersuchen, in wel
cher W e i s e er sich gebildet und welche Wandlungen er durch
gemacht hat.
Die gesamte Fragestellung ist an sich nicht neu. Daß die Kreuz
züge ohne den „religiösen Überschwang“ der Epoche nicht zu erklä
ren sind, hat man immer gewußt, und daß. sie mit der Kirchenreform
und dem Investiturstreit irgendwie Zusammenhängen müssen, ist
schon mehrfach angedeutet worden. Soweit ich aber sehe, ist man