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der Oder und der Weichsel," und nachdem diese Plage in
Polen furchtbar gewüthet und als schreckliches Gefolge einer
Hungersnoth auch über Böhmen und Schlesien hereinbrach,
mußten auch die Breslauer Juden darunter leiden, obgleich die
Stadt kaum davon berührt wurde.
Am Abend des 23. Mai 1349 rathete sich plötzlich der
Himmel über Breslau und eine Feuersäule stieg empor zu ihm.
In der Judengasse brennts! hieß es und es standen wirklich
mehrere Häuser in der Ursulinergasse in Flammen. Die Feuers
brunst griff schnell um sich und verbreitete Entsetzen und Ver
wirrung, während dessen brach eine Pöbelbaude in die Häuser
der Juden ein, raubte sie aus, ermordete deren Bewohner und
wars dann die Fackel in's Gebälk der noch stehengebliebenen
Gebäude.
Das war ein bloßes Signal für die leicht zu bethörende
Menge, in deren Brust der Fanatismus lange im Geheimen
geschürt wurde, und der endlich zuin Ansbruch kam.
Es wird erzählt, daß der Abschaum der Flagellanten an
jenem Abend den Brand in die Häuser geworfen hatte. Aber
wer sind diese Flagellanten, die man auch Geißelbrüder nannte?
Es war eine Rotte Wahnsinniger, die die Menschen zur Buße
aneiferten, als der schwarze Tod auftrat. Sie kamen in großen
Schaaren, sangen Bußpsalmen und zerfleischten sich den Leib
mit einer Geißel, die aus Knoten und vier eisernen Stacheln
bestand, bis das Blut aus der aufgerissenen Haut floß, dadurch
sollte die himmlische Heimsuchung abgewendet werden. Als sie
hier aber ihr Spiel gar zu arg trieben, wurden sie endlich aus
der Stadt gejagt, nachdem ihr Führer auf Veranlassung des
Bischofs Preczlaw von der weltlichen Behörde verbrannt wurde.
Auch die Missethäter wurden bestraft, aber die Hinterlassen
schaft der gemordeten Juden von der Behörde als „herren
loses Gut" mit Beschlag belegt und man machte Karl IV.
den Vorschlag: mittels dieser Erbschaft die verpfändeten Ein
künfte des Fürstenthums Breslau einzulösen. Dafür schenkte
der König der Stadt „wegen erlittener Feuersbrunst" die Häuser
und liegenden Gründe der Juden nebst den beiden Synagogen,