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Sprache sie für ihre Muttersprache hielten*), so wissen wir doch
nicht, ob sie sich im Kampfe zwischen Deutsch- und Czechenthum
auf die eine oder die andere Seite stellten. Politische Rechte
hatten sie nicht, sie standen abseits und waren müssige Zu
schauer einer Tragödie, in welcher sich die Bekenner einer und
derselben Religion, ans Religion, bis ans den Tod bekämpften,
und ich mochte einige Ereignisse aus dem Leben der ver
schiedenen Parteien etwas ausführlicher mittheilen, um zu zeigen,
daß es nicht die Schuld der Juden war, die ihnen hin und
wieder grausame Verfolgungen zuzog.
Das Jahr 1418 war der Anfang einer schrecklichen Zeit
für Breslau. Die Handwerker hatten sich verschworen, sich
ihre Gleichberechtigung mit den anderen Bürgern der Stadt zu
erzwingen und zu diesem Zwecke hatten sie am 17. Juli in der
St. Klemenzkirche ihre letzte Berathung vor dem Angriff. -
Um 6 Uhr früh des nächsten Tages ertönte von St. Mauritius
herüber das Hirtenhorn, das Signal für die hier und dort aus
gestellten, mit Keulen, Spießen, Schwertern und Messern be
waffneten Schaaren der Handwerker. Die ehernen Würfel
rollten, die Revolution der Zünfte war im Gange. Die am
meisten vom Volkshasse bedrohten Patrizicrfainilien flüchteten
bei der ersten Kunde von dem ausgebrochenen Aufruhre aus
der Stadt und die vom Geiste der Zügellosigkeit ergriffenen
niederen Volksschichten gaben sich allem möglichen Unfuge hin
und veranstalteten auch nebenbei eine kleine Judenhetze. König
Wenzel hatte allerdings den aufständischen Zünften in völlig
unzweideutiger Weise Amnestie ertheilt, aber sein Nachfolger
Sigismund war nicht geneigt, sich seine Anschauungen anzu
eignen, und behielt es sich vor, strenges Gericht über das Ge
schehene zu halten und alle Theilnehmer des Aufstandes zu
strafen. Die Schuldigen wurden zu einem Termin vorgeladen
und es wurden etwa 46 Todesurtheile gesprochen, von denen
nur die Hälfte vollziehbar war, da der Rest der Verurtheilten
sich geflüchtet hatte.
*) ßSübemami, Erziehungswesen Ul. 9.
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