Full text: Zeitbilder aus der Geschichte der Juden in Breslau

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jüdischen Glaubens sind die Waffengefährten ihrer Mitbürger ge 
wesen und wir haben unter ihnen Beispiele des wahren Helden 
muths und der rühmlichen Verachtung der Todesgefahren auf 
zuweifen." Ferner sagt derselbe: „Aus der Gesammtliste der 
bei Belle-Alliauce gefallenen Krieger geht hervor, daß allein von 
jüdischer Confesfion 55 Landwehroffiziere ihr Leben geopfert 
haben." 
Nach dem Sturze Napoleons war wieder Ruhe und Friede 
in's Land gekommen. Es konnte jeder an seine gewohnte Arbeit 
gehen, und somit wollen auch wir wieder der ferneren gedeih 
lichen Entwickelung der hiesigen Gemeinde folgen. 
Im Jahre-1817 war ihr Miethskontrakt mit dem Eigen- 
thümer der Tempelsynagoge abgelaufen und man sah sich genöthigt 
Schritte zu thun, um ein größeres Gotteshaus zu schaffen, nicht 
blos wegen einer zu erwartenden Miethserhöhnng, sondern wegen 
des durch Zuzug aus den Nachbarstädten rapiden Anwuchses der 
Mitgliederzahl, eine Folge des letzten Ediktes, nach welchem die 
Juden überall im Lande frei wohnen, Grundstücke erwerben und 
jedes erlaubte Geschäft treiben durften. 
Ein um die Gemeinde sehr verdienter Mann, Philipp 
Silberstein, der Stammvater einer hochachtbaren Familie, hatte 
den Platz Wallstraße 14 gekauft und sich bereit erklärt eine ge 
eignete Synagoge zn bauen, deren Vollendung sich aber bis zum 
Jahre 1829 hinzog. Die Einweihung derselben, welche am 
10. April desselben Jahres stattfand, war ein wahrer Freuden 
tag für die ganze Gemeinde, die bereits ca. 5000 Mitglieder 
zählte. Noch nie hatten sich die Juden in Breslau in so großer 
Zahl, in einem so prachtvollen Raume zusammengefunden und 
es schien, als sollte damit ein neuer Abschnitt im hiesigen Ge 
meindeleben anfangen. Das neue Gotteshaus war von innen 
und außen auf's herrlichste geschmückt, aber außer der Ein 
weihungsfeier, bei welcher der Landesrabbiner S. Tiktin, der 
Zweite dieses Namens, ein hebräisches Gebet verrichtete, blieb 
alles beim Alten. Im Gottesdienst wurde keine Veränderung 
vorgenommen, obgleich sich bei der reformatorischen Strömung 
der Zeit der Wunsch fühlbar geinacht haben mag, hier uub dort
	        
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