Full text: Zeitbilder aus der Geschichte der Juden in Breslau

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Kunst oder eines Handwerks verdanken, werden noch in fernster 
Zukunft verehrungsvoll den Namen dieses Edlen nennen. Aber 
größer, dauernder ist der Dank, den die jüdische Wissenschaft 
ihm schuldet; denn für sie schuf er, ihrer Erhaltung und Pflege 
widmete er das jüdisch-theologische Seminar in Breslau, eine 
Anstalt, die an weitgreifender, fruchtbringender Wirkung alle 
andern wohlthätigen Stiftungen Fränkels weit überragt.*) 
So wären wir allmälig bis mitten in der Gegenwart an 
gelangt, und was ich etwa noch sagen könnte, ist fast jedem 
Kinde bekannt, doch möchte ich noch einige Punkte, als wichtige 
Zeichen der Zeit, ganz besonders anführen. 
Wenn ein wißbegieriger Reisender durch unsere Straßen 
wandert, dann wird ihm gewiß jenes herrliche Gebäude am 
Stadtgraben mit seinen Kuppeln, dessen Spitze das Schild Da 
vids ziert, ins Auge fallen: es ist das Werk eines hiesigen jü 
dischen Meisters, des verstorbenen Bauraths Oppler, und stellt 
das neue Gotteshaus der hiesigen Gemeinde vor. Die fortschritt 
lichen Glaubensgenossen hatten nicht mehr Platz in der Storch- 
synagoge und überließen diese (1866) den Altgläubigen, die 
unterdessen ihrem Kultus auch eiue freiere Richtung gegeben 
haben. Wenn derselbe Wanderer seine Schritte südwärts richtet, 
dann wird ihm in einer neuen Straße wieder ein prachtvolles 
Gebäude auffallen, welches sein Entstehen der Munifizenz eines 
andern edlen Menschenfreundes verdankt (1881), und wenn man 
die Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt nennt, wird diese nicht 
zuletzt gezählt werden; es ist das jüdische Waisenhaus, welches 
von der Kaiserin Friedrich im Jahre 1882 mit ihrem Besuch 
beehrt wurde. 
Das sieht so schön und friedlich aus, daß man den Blick 
gar nicht davon wegwenden mag, aber wo Licht ist, da ist auch 
Schatten, und es hat sich leider zu oft in unserer Geschichte 
wiederholt, daß sich plötzlich ein Sturm erhob, obgleich der 
Himmel noch vor kurzem so klar und heiter über uns war. — 
Wie oft geschah es, daß ein kleines, unscheinbares Flüßchen sich 
*) Jubelschrift des jüd.-theol. Seminars, 1879. 
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