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J n einer Rede vor dem Denkmal des Generals Marceau
hat sich der Oberkommissar in den besetzten rheini
schen Gebieten, Tirard, auf die „historische Rhein
landpolitik“ Frankreichs berufen, die heute zu erneuern
und zum Abschluß zu bringen sei. Der historische Zu
sammenhang, auf den damit angespielt wurde, ist den
Franzosen ebenso geläufig wie der Begriff einer „Schule
des Westfälischen Friedens“, der in diplomatischen Kreisen
nicht weniger beliebt geworden ist. Mit beiden Wendungen
wird die Erinnerung an Ereignisse wachgerufen, die in
den letzten Menschenaltern vergessen oder doch verblaßt
schienen, aber in der Welt von heute von neuem zu einer
Macht in den Gemütern werden. Es kann nur natürlich
sein, wenn auch die Deutschen, um deren Schicksal in
der Zukunft es geht, sich von neuem darüber Rechenschaft
geben, was für sie diese Erinnerungen bedeuten. Die ab
geschlossenen Epochen der Vergangenheit haben ja die
Kraft, Scheinwerfern gleich den wahren Sinn der Begeben
heiten zu enthüllen, der in der verworrenen Gegenwart
nur zu oft von Berechnung und Leidenschaft getrübt wird.
Sie machen es uns deutlich, daß es im Leben der Völker
gleichsam eingeborene und konstante Grundkräfte gibt,
die das Wesen der Politik eines Staates ausmachen und,
in jeder neuen Weltlage von neuem durchbrechend, zu
unsterblichen Problemen für die Aufeinanderfolge der
Generationen werden. Es wird sich des weiteren dabei
heraussteilen, daß es sich in den Traditionen dieser „histori