Bayreuther,
Doch schnelle Proliferation, Chromatin- und Lezithingehalt werdeır nicht allein die
Mächtigkeit der Strahlenwirkung beeinflussen, Diese wird auch rein physikalisch vom spezifi-
schen Gewicht der bestrahlten Teile abhängen. Schliesslich wird doch hierdurch die Menge
der absorbierten Strahlen bestimmt und damit ein sehr wichtiger Faktor für die Wirksamkeit
derselben gegeben,
Diese wissenschaftlichen Feststellungen legen die Frage nahe, wie sich die Bakterien
ın bezug auf schnelle Proliferation, Chromatin-, Lezithingehalt und spezifisches
Gewicht verhalten, und ob ihre biologischen und physikalischen Eigenschaften
einen Schluss auf ihre Röntgenempfindlichkeit zulassen.
Was zunächst die Lebhaftigkeit ihrer Proliferation anbetrifft, so stehen sie hierin den
;erischen Gewebszellen nicht nach, namentlich nicht, wenn sie erst vor kurzem auf einen
ı1euen Nährboden gebracht sind. Entstehen doch aus jedem einzelnen Keim in 24 Stunden
viele Millionen,
Auch ein dem Chromatin der tierischen Zellen entsprechender Körper findet sich in den
Bakterien, wenn auch in etwas anderer Verteilung, dafür aber in verhältnismässig reichlicherer
Menge als dort.
Über den Lezithingehalt der Bakterien ist wenig bekannt, aber nach Hoppe-Seyler(14)
findet es sich in allen darauf untersuchten tierischen und pflanzlichen Geweben und Zellen,
auch in Sporen, Pilzen und Hefezellen, Man wird es also auch bei Bakterien voraussetzen
können.
Die Angaben über das spezifische Gewicht der Bakterien sind sehr spärlich und
schwankend. Die von Ostertag(15) angegebenen Grenzwerte von 1,088 bis 1,065 geben aber
immerhin Zahlen, die die Beeinflussungsmöglichkeit auch durch Strahlen mittlerer Härte nicht
ausschliessen.
Wenn schon das biologische und physikalische Verhalten der Bakterien rein theoretisch
einen Versuch, sie durch Röntgenstrahlen zu schädigen, nicht aussichtslos erscheinen lässt, so
‚ordern doch die grossen therapeutischen Erfolge bei infektiösen Prozessen geradezu eine
Prüfung der Bakterien auf ihre Widerstandskraft den Röntgenstrahlen gegen-
über. Es ist freilich oft genug darauf hingewiesen worden, dass diese Erfolge sich auch ohne
bakteriziden Einfluss der Strahlen erklären lassen, teils, wie bei Lupus, als Folge der erhöhten
Entzündung, teils, wie bei infektiösen Haarleiden, als Folge der völligen Epilation. Trotzdem
aber sind immer wieder Untersuchungen angestellt worden, die Röntgenempfindlichkeit der
Bakterien nachzuweisen, doch mit sehr wechselnden oder einander widersprechenden Resultaten
und zum Teil geringer Beweiskraft. Jedenfalls geben dieselben ein klares Bild von der
bakteriziden Kraft der Strahlen nicht. Infolgedessen habe ich diese Frage einer nochmaligen
Prüfung unterzogen. Dies ist mir ermöglicht worden durch das Entgegenkommen des Leiters
der chirurgischen Klinik der Königlich Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, Herrn Prof,
Dr. Eberlein, der mir bereitwilligst die Röntgeneinrichtung seines Institutes zur Verfügung
gestellt und mich mit seinem Rat unterstützt hat. Für seine Güte sei ihm hiermit mein
ergebenster Dank abgestattet,
Verwendet habe ich für meine Prüfungen den Streptococcus pyogenes, den
Staphyloccocus pyogenes aureus und albus und den Bacillus pyocyaneus. Zum
Vergleich sind auch der Streptococcus equi, der Diplococcus (Schütz) und der
Botryococcus ascoformans herangezogen worden.
Literatur.
Der erste, der es versucht hat, Bakterien durch Röntgenstrahlen zu schädigen, ist
Mink(16). Er hat je eine Öse einer drei Tage alten Typhusbouillonkultur auf drei Agarröhr-
chen verimpft und diese zu Platten gegossen. Eine von denselben wird ohne Glasdeckel,