Full text: Studien über Erbfehler in der Pferdezucht

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Diese Theorie ist für die Erklärung der eigenartigen Verhält- 
nisse bei der Vererbung mancher Krankheiten, so auch der Farben- 
blindheit bei den Menschen, sehr wichtig. 
Von einer gleichen Geschlechtsbegrenzung der „Bluter“-Krank- 
heit beim Menschen und beim Pferde wagt man noch nicht zu 
sprechen, obgleich nach Operationen, speziell Kastrationen, vielfach 
schon schwer zu stillende Blutungen festgestellt worden sind. 
Beim englischen Vollblutpferde liegt der Verdacht nahe, daß 
die verminderte Gerinnungsfähigkeit erst in zweiter Linie zu be- 
achten ist, weil man in erster Linie annehmen muß, daß die Blut- 
gefäßwände des englischen Vollblutpferdes ‚durch die langjährige 
Inzucht innerhalb der Rasse weniger widerstandsfähig gegen die 
oftmals enormen Anforderungen oder Ueberanstrengungen des 
gesamten Respirationsapparates im Training und in den Rennen 
geworden sind. Hypertrophie und Dilatation des.Herzens sind oft 
Folgen von dauernder oder unrationeller Ueberanstrengung im 
Training. Herzklappenfehler können sich noch hinzugesellen, die 
Rückstauungen des Blutes in die Lungen und dadurch übermäßig 
erhöhten Blutdruck auf die Gefäßwandungen verursachen und den 
„Bluter“ in Erscheinung treten lassen. 
Der englische Tierarzt Robertson hat uns in „The Blood- 
stock Breeder’s Review“, Bd. II, S. 265, 1913, besonders über die Ge- 
schichte der „Bluter“ im englischen Vollblut aufgeklärt, und zwar 
gehen seine Angaben bis auf die Zeit zurück, als man die englische 
Galloway-Rasse noch nicht mit eingeführten Berber- und orienta- 
lischen Hengsten und Stuten gekreuzt hatte. Mit den schnellsten 
Galloway-Ponys war schon Inzucht getrieben worden, und die erst 
recht später einsetzende Inzucht und Inzestzucht innerhalb der neu 
entstandenen eigentlichen englischen Vollblutrasse ist allein 
auch nach meinen Untersuchungen . beim heutigen Voll- 
blut als die Ursache der „Bluter“-Krankheit der Vollblut- 
Rennpferde-Rasse anzusehen. Mitte des 16. Jahrhunderts, 
zu Königin Elisabeths Zeiten, schrieb man von vielen jungen 
Rennpferden, die an Nasenbluten litten. Das erste historisch be: 
kannte Rennpferd, welches mit dem Leiden behaftet war, ist Bar t- 
lett’s Childers, der stets „blutender Childers“ genannt wird, 
gewesen. Authentische Mitteilungen, wie die Bluterkrankheit ver-
	        
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