zu- ein ebenso starker Zwillingsstrom ergießt sich zu den
beruflichen Arbeitsstätten. Unser Volk braucht nur noch die
Hälfte seiner weiblichen Kräfte, um Hanswesen zu leiten und
Kinder großzuziehen- es braucht die andere Hälfte, um
Maschinen zu bedienen, seine großen Exportindustrien, z. B.
die Konfektion, zu speisen- es braucht sie in Handel und
Verkehr, im Post- und Eisenbahndienst, in der Schule und im
Krankenhaus. Das sind Tatsachen, an denen auch die frömmsten
Wünsche und die beweglichsten Klagen nichts ändern.
Und diese Tatsachen stellen jeden, der sie sich einmal in
ihrem vollen Gewicht klargemacht hat, vor eine Welt neuer
sozialer Probleme. Wie soll sich in Zukunft die Stellung der
Frauen innerhalb der Gesellschaft, des Staates gestalten? Sollen
sie, die in Reih und Glied in der großen volkswirtschaftlichen
Arbeitsgemeinschaft stehen, die in dieser langen Kette jeden
dritten Posten besetzen, sollen sie in der Rechtsordnung des
sozialen Lebens noch so behandelt werden, als wenn die Mauer
des Hauses Schutz und Schranke für sie wäre? Selbst wer
mit allen Fasern seiner Seele und allen Sympathien seines
Herzens an der alten Zeit hängt, wird zugeben müssen, daß
hier neue Lebensformen entstanden sind, für welche die alten
Rechtsnormen nicht mehr ausreichen. Und wer auch nur so
viel geschichtliches Verständnis hat, um zu begreifen, daß der
moderne Staat mit all seinen Rechten und Pflichten, von der
Selbstverwaltung der kleinen Landgemeinde bis zu den gesetz
lichen Vertretungen der Berufsinteressen in Handelskammern,
Gewerbegerichten und ähnlichen Institutionen und schließlich
bis zum politischen Wahlrecht auf den modernen Arbeits
verhältnissen beruht, aus ihnen hervorgegangen und durch sie
bedingt ist, wer eine Vorstellung davon hat, daß der moderne
Staat die Rechtsform für die moderne Volkswirtschaft ist, der
wird sich sagen, daß auch für die Frau mit einer Veränderung
ihrer Arbeitsleistungen und Arbeitsformen eine Neuregelung
ihres Verhältnisses zum Staat notwendig ivird.
Als im Februar 1904 Graf Posadowsky im Reichstag die
denkwürdige Äußerung tat: „von der Politik sollen die Frauen
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