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und beschützen euch, so daß ihr unter ihrem Schutz ruhig
leben könnt. Wenn sie euch aber rufen, so flieht ihr und
fliegt von Dach zu Dach. Wir Falken, die wir doch wilde
Tiere sind, sind, wenn wir nur einige Tage mit den Men
schen zusammen sind, dankbar und bringen ihnen die
Beute, die wir gemacht haben, und wenn wir sehr weit
von ihnen sind, fliegen wir auf einenTon zu ihnen zurück.“
Der Hahn antwortete: „Du hast recht, aber euer Gehor
sam und unser Ungehorsam kommt daher, daß ihr noch
nie einen von euch in der Pfanne habt braten gesehen. Wir
aber haben unsere Artgenossen am Roste braten gesehen.
Wenn ihr das gesehen hättet, würdet auch ihr die Men
schen meiden und, wenn wir von Dach zu Dach flüchten,
würdet ihr von Berg zu Berg flüchten.“
49. DER JÄGER, DER FUCHS UND DER LEOPARD
ines Tages streifte ein Jäger durch die Steppe
' und sah einen flinken Fuchs in schnellem Lauf
1 die Ebene durcheilen. Da er in seinen Pelz ver-
“ liebt war, so trieb ihn seine Leidenschaft an, den
Fuchs zu verfolgen. Er kannte das Fuchsloch, grub darum
einen Graben, deckte ihn mit Reisig zu, legte darauf ein
Aas und verbarg sich im Hinterhalt, um abzuwarten, bis
der Fuchs sich fangen würde. Zufällig kam der Fuchs aus
dem Loch und wurde durch den Geruch des Aases, er
mochte wollen oder nicht, an den Rand des Grabens ge
lockt. Als er dasAas auf dem Reisig liegen sah, da erkannte
er die List und sagte zu sich: „Der Duft dieses Aases ist
zwar sehr lieblich, aber das Leben ist auch etwas Schönes.
Ein Weiser mischt sich nicht in eine Sache, die Gefahr in
sich schließt, und ein Kluger läßt sich nicht in eine Ange
legenheit ein, die die Möglichkeit des Schadens in sich
birgt. Wenn es auch möglich ist, daß auf diesem Reisig ein
Tier liegt, so ist es auch möglich, daß darunter eine Falle
oder ein Mensch verborgen ist. Jedenfalls ist Vorsicht an
gebracht.“