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ist? Aber hast du der Schlange denn etwas Gutes getan,
daß du als Vergeltung Böses verdienst?“ Als der Reiter
ihm den Vorgang erzählte, sagte der Fuchs: „Du gleichst
doch sonst einem verständigen Mann, wie kannst du denn
solchen Unsinn erzählen und Lügen auftischen?“ Die
Schlange fiel ein: „Doch, er hat die Wahrheit gesagt. Da
ist der Sack, in dem er mich aus dem Feuer gezogen hat.“
Der Fuchs fuhr fort: „Wie sollte man das glauben, daß ein
so großes Tier in einen Sack ginge, der im Vergleich zu dir
noch kleiner als ein Ochsenauge ist?“ Die Schlange sagte:
„Das läßt sich leicht beweisen. Wenn du es nicht glaubst,
kann ich in den Sack hineingehen.“ Der Fuchs erwiderte:
„Wenn ich das mit eigenen Augen sehe, will ich die An
gelegenheit entscheiden.“ Um dieBehauptung zu beweisen,
öffnete der Reiter die Öffnung des Sackes und die Schlange
kroch im Vertrauen auf die Worte des Fuchses hinein. Als
der Fuchs das sah, sagte er leise zum Reiter: „Junger Mann,
jetzt hast du deinen Feind im Gefängnis, benutze die Ge
legenheit und lasse ihn nicht wieder frei.“
Der Reiter hielt die Öffnung des Sackes fest zu und schlug
ihn so stark auf den steinigen Boden, daß die Schlange
starb, und die Menschheit von ihrem Gifte, und die Welt
von ihrer Bosheit befreit wurde.
55. DER FROMME MANN UND DIE DIEBE
in frommer Mann hatte sich für das Opferfest
I ' einen Hammel gekauft, um dessen Hals einen
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j i l Strick gelegt und führte ihn zu seinem Kloster.
—^Unterwegs sahen einige Diebe das Schaf: Ihre
Diebslust regte sich und sie gingen dem frommen Mann
entgegen. Da sie nicht wie Wölfe oder Tiger mit gewalt
tätiger Hand die Beute nehmen konnten, wollten sie listig
wie ein Fuchs zu Werke gehen und den frommen Mann in
den Schlaf des Hasen* versetzen. Sie verfielen auf eine
* D. h. ihn, obgleich er die Augen offen hat, gleichsam schlafend
und unaufmerksam machen.