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Nacht bei der andern zubrachte. Er hatte die Gewohnheit,
des Morgens, bevor er aufstand, seinen Kopf seiner Frau
auf den Schoß zu legen und noch etwas zu schlafen. Als er
eines Tages so im Schoße der alten Frau schlief, sah diese,
daß in seinem Bart einzelne weiße Haare waren. Sie sagte
zu sich: „Ich werde ihm die schwarzen Haare lieraus-
schneiden und ihn des Schmuckes der Jugend berauben,
damit die andere Frau, die ihn für jung hält, seiner über
drüssig wird, wenn sie das weiße Haar sieht, und damit er
sich dann aus Ärger über diese Zurücksetzung ganz mir
anschließt.“ In diesem Gedanken beseitigte sie, soweit als
möglich die schwarzen Haare.
Am nächsten Morgen schlief er im Schoße der jungen
Frau. Als diese unter den weißen Haaren einige schwarze
sah, die der Schere der alten Frau entgangen waren, sagte
sie: „Ich werde die weißen Haare entfernen, so daß er sich
noch für jung hält, des Verkehrs mit der alten Frau über
drüssig wird und nurVerlangen nach mir hat.“ Sie schnitt
also, soweit sie konnte, die weißen Haare ab. So verging
einige Zeit. Eines Tages hörte er, daß einige Leute zuein
ander sprachen und sich über seinen Bart lustig machten.
Er faßte nach seinem Barte und sah, daß überhaupt kein
Haar mehr geblieben war.
63. DER JÄGER UND DIE BEIDEN STUDENTEN
hatte. Eines Tages hatte er sein Netz auf einer
“ Wiese ausgebreitet und saß im Hinterhalt. Nach
langem Worten und mit vieler Mühe hatte er drei Vögel
herangelockt. Als er die Schlinge zusammenzog, hörte er
den Lärm von Stimmen. Damit nicht die Vögel hierdurch
verscheucht würden, verließ er seinen Hinterhalt und sah,
daß es zwei Studenten waren, die miteinander disputierten
und zwar so, daß die Disputation schon in den heftigsten
Streit ausartete. Der Jäger bat und flehte: „Seid einen