Full text: Allgemeine Moralphilosophie. (01)

122 1- Teil. 2. Buch. 2. Kap. Die Glückseligkeit als untergeordneter Endzweck. 
und Willens nach vollkommener Befriedigung im Erkennen und Lieben. 
Dieser ist keinem höheren Trieb als Mittel unterge 
ordnet, sondern wie der Mensch selbst in gewisser Beziehung Selbst 
zweck. Zu keinem andern Zweck kann Gott diesen Trieb in die Natur 
gepflanzt haben, als um den Menschen zur Glückseligkeit führen. 
Das von den sinnlichen Trieben des Menschen Gesagte gilt auch 
von dem Naturtrieb der Tiere. Einer eigentlichen Glückseligkeit, d. h. 
des vollkommenen Besitzes alles Guten, ist das Tier nicht fähig, weil 
ihm Verstand und Wille fehlen. Sein sinnliches Erkennen und Begehren 
haftet an dem Gegenwärtigen, sinnlich Wahrnehmbaren und seiner Na 
tur nach Vergänglichen. So strebt es in unbestimmter Reihe von einem 
sinnlichen Gut zum andern, ohne je alles Gute auf einmal besitzen zu 
können. Fehlt aber dem Tiere die Fähigkeit zur eigentlichen Glückselig 
keit, so kann es auch keinen Naturtrieb danach haben. Der angeborue 
Trieb aber nach immer neuer sinnlicher Befriedigung ist, wie das ganze 
Tier, dessen Erhaltung und Entwicklung er bezweckt, dem Menschen 
als Mittel untergeordnet. Der Mensch kann deshalb als Herr dem 
Dasein und Streben des Tieres ein Ende machen, sobald es ihm zweck 
dienlich erscheint. 
II. Das ganze Universum hat zum höchsten Zweck Gottes Verherr 
lichung. Aber wem soll der Nutzen zukommen? Die vernunstlose 
Natur ist allerdings zum Nutzen des Menschen bestimmt. Aber der 
Mensch selbst kann nicht mehr für das Glück oder den Nutzen eines 
Höheren da sein. Er muß also insofern Selbstzweck sein, als der Nutze» 
des Weltalls für ihn bestimmt ist, um ihm zur eigenen allseitigen Ver 
vollkommnung und schließlich zum vollen Glück zu verhelfen. Wie es 
seine Bestimmung ist, Gott in einer besondern Weise und unmittelbar 
zu verherrlichen, soll er auch in besonderer Weise am Glücke Gottes teil 
nehmen. 
Es entspricht auch der unendlichen Güte des Ewigen, den Geschöpfen 
nach Maßgabe ihrer Fähigkeit von seinen Gütern mitzuteilen. Denn 
darin liegt seine Verherrlichung, daß er, wie seine andern Eigenschaften, 
so auch seine Güte und Freigebigkeit offenbare. Nun aber ist der Mensch 
der vollkommenen Glückseligkeit fähig, ja er hat ein unstillbares Ver 
langen danach. Es entspricht also der unendlichen Güte des Schöpfers, 
daß er den Menschen zu dieser Glückseligkeit berufe und durch sie ver 
herrlicht werde. 
Ist der Mensch zur vollkommenen Glückseligkeit bestimmt, so folgt, 
daß es ein ihm erreichbares Gut geben muß, welches ihn 
vollkommen zu beglücken vermag. Ohne ein solches wirklich existierendes 
Gut wäre ja die Glückseligkeit unmöglich. Welches ist dieses Gut?
	        
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