Full text: Allgemeine Moralphilosophie. (01)

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1. Teil. 2. Buch. 5. Kapitel. Das Endziel des Erdenlebens. 
Fünftes Kapitel. 
Das Endziel des Erdenlebens. 
ZI. Der Zweck des irdischen Lebens. 
Das letzte Ziel des Menschen ist die ewige Glückseligkeit in einem 
besseren Jenseits. Nun entsteht die Frage: Wozu ist der Mensch hier auf 
Erden? Zwecklos hat ihn der Schöpfer gewiß nicht ans diesen Planeten 
gesetzt? Welches ist also der unmittelbare Zweck des Erdenlebens?' 
Der Mensch hat zwar mancherlei untergeordnete Zwecke in der Ge 
sellschaft zu erfüllen, je nach der Verschiedenheit der Stellung, in die er 
sich durch Gottes Vorsehung versetzt sieht. Aber alle diese nächsten Ziele, 
die bei verschiedenen Menschen verschieden sind, haben sich einem höheren, 
allen Menschen gemeinsamem Ziele unterzuordnen. Dieses Ziel ist die 
Vorbereitung auf das ewige Leben im Jenseits. 
1. Natur und Endziel eines Wesens stehen in wesentlicher Beziehung 
zueinander, so daß wir aus der Einheit der Natur aus die Einheit des 
Zieles schließen können, und umgekehrt (S. 123). Aus dieser Grundwahr 
heit folgt: wo nur eine Natur und ein Endziel ist, müssen auch alle 
Tätigkeiten diesem einen Endziel zustreben. Die Natur ist ja nichts 
liehen, wenn er sagt: „Gibt es wahre Güter in dieser uns bekannten Welt, so sind 
es nur eine eiserne Gesundheit und sehr viel Geld zu allein, lvas die Welt bietet: 
leider wenig genug. Alles andere erscheint als Chimäre" (vgl. Janssen, 
a. a. O. 213. 
1 Von einem allen Menschen gemeinsamen Zwecke kann selbstverständlich nur 
die Rede sein, wenn sie einem weisen nach Zwecken wirkenden Urheber ihr Dasei» 
verdanken. Woher sollte denn vom Standpunkt der Atheisten den Menschen eine 
Bestimmung, ein Zweck kommen? Der Atheist muß das Leben als zweck- und 
sinnlos anerkennen. Schopenhauer (Die Welt als Wille und Vorstellung, II, 
Kap. 48, S. 695) schreibt: „Als Zweck unseres Lebens ist in der Tat nichts anderes 
anzugeben als die Erkenntnis, daß wir besser nicht da wären." Er behauptet sogar: 
„Jede Individualität ist ein spezieller Irrtum, ein Fehltritt, etwas, das besser 
nicht da wäre, ja wovon uns zurückzubringen der eigentliche Zweck des Lebens ist" 
(Janssen, Zeit- und Lebensbilder, I *, 297). Auch Gumplowicz (Allge 
meines Staatsrecht [1897], 240) meint: „Daß der Mensch einen Zweck hat, welchen 
Zweck, ob er einen eigenen in sich oder außer sich hat, das sind lauter Muster- 
Prämissen für beliebte Deduktionen: nachdem doch über den Zweck des Menschen 
und dessen Beschaffenheit niemand etwas Positives wissen kann und man doch an 
standshalber dafür keinen Beweis verlangen kann." Warum sagt Gumplowicz 
nicht offen und ehrlich, das Menschenleben habe überhaupt keinen Zweck, es sei 
sinnlos? Oswald Spengler (Der Untergang des Abendlandes, I 14 [1920], 
28) schreibt: „Die Menschheit hat kein Ziel, keine Idee, keinen Plan, so wenig die 
Gattung der Schmetterlinge oder der Orchideen ein Ziel hat. Die Menschheit ist 
ein leeres Wort." . . . „Das Leben hat kein Ziel. Die Menschheit hat kein Ziel" 
(ebd. S. 86).
	        
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