Full text: Allgemeine Moralphilosophie. (01)

§ 2. Die Art und Weise der Vorbereitung auf das Jenseits. 149 
anderes als die Wesenheit eines Dinges, insofern sie das Prinzip der 
Tätigkeiten bildet, durch die es seinem Ziele zustrebt. Nun aber ist die 
menschliche Natur nur eine, und ihr entspricht nur e i n Endziel, also 
müssen auch alle ihre Tätigkeiten auf dieses Ziel gerichtet sein. Das 
Gegenteil behaupten hieße die Natur in zwei Teile zerreißen und anneh 
men, in diesem Leben habe sie ein anderes Endziel als im künftigen. 
2. Auch die Freiheit des Menschen nötigt zur Annahme, daß der 
Zweck des Erdenlebens die Vorbereitung auf die Ewigkeit sei. Der Mensch 
ist mit Willensfreiheit begabt (S. 42 ff.). Es entspricht also seiner Natur 
nicht, daß er mit blinder Notwendigkeit und ohne eigenes Zutun zum 
Ziele gelange; er soll sich vielmehr durch freie Selbstbestimmung zu dem 
selben hinbewegen. Das ist aber nur der Fall, wenn er sein ewiges Gliick 
verlieren, oder sein Ziel auch nicht erreichen kann. Wer in jedem 
Fall, mag er leben wie er will, die ewige Glückseligkeit erlangt, ist nicht 
mehr frei in Erreichung dieses Zieles, er muß es erreichen. Es ist also 
nicht gleichgültig, w i e der Mensch lebt, nicht jedes Leben führt ihn zum 
ewigen Glück, er muß freiwillig einiges tun, anderes unterlassen, um zu 
diesem Ziele zu gelangen; mit anderen Worten: er muß sich auf das 
ewige Leben vorbereiten. 
Auch von seiten Gottes erkennen wir es als höchst angemessen, daß er 
das ewige Leben nicht wie eine wertlose Sache dem Menschen in den 
Schoß werfe, sondern ihm den Charakter eines Lohnes, eines Kampfprei 
ses verleihe, welcher demjenigen zuteil wird, der sich hienieden den gerech 
ten und weisen Anordnungen seines Schöpfers und Herrn unterwirft. 
§ 2. Die Art und Weife der Vor bereit nng 
auf das Jenseits. 
Worin besteht die vom Menschen geforderte Vorbereitung auf das 
ewige Leben? Die Beantwortung dieser Frage ist eigentlich Aufgabe 
der ganzen Moralphilosophie, die dem Menschen zeigt, wie er sein Leben 
ordnen soll, um seine Bestimmung zu erreichen. Trotzdem können wir 
schon jetzt eine allgemeine Antwort geben, welche uns in: folgenden als 
Leitstern dienen und deren nähere Ausführung den Gegenstand unserer 
weiteren Untersuchungen bilden wird: 
Die vom Menschen verlangte Vorbereitung auf 
die Ewigkeit besteht in der rechten Anordnung seiner 
Handlungen oder im vernunftgemäßen tugendhaften 
Leben. 
1. Worin das tugendhafte Leben, die rechte Anordnung unserer Hand 
lungen oder die vernunftgemäße Lebensführung im einzelnen bestehe, was 
und wieviel dazu erforderlich sei, ist für uns vorderhand gleichgültig. Uns
	        
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