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Aussiclit auf Nachfolge in seinem Amte macht. Gregorius aber erwidert ihm, dass er seine
Verwandtschaft, aufsuchen wolle; vielleicht sei er ritterlichen Geschlechtes, und ein Ritter möchte
er gern werden. Vergebens warnt der Abt ihn vor den Gefahren des Ritterlebens; dem Ein
wurf, dass er ja ungeübt im Reiten sei, begegnet Gregorius mit dem Geständnis, wie er sich
in Gedanken schon lange mit ritterlichen Uebungen beschäftige, wie er sich immer zu Pferde
denke, es zur Rechten und zur Linken wendend und mit dem Speer auf einen Gegner ein
sprengend. Der Abt wundert sich, woher ihm dies Alles gekommen; doch sieht er nun wohl,
dass sein Zögling, dessen Worte, obgleich gut deutsch, ihm „griechisch“ klingen, nicht von
Herzen ein Klostermann ist. Er wehrt ihm also nicht länger und lässt ihm Kleider aus dem
vormals bei ihm gefundenen Zeuge anfertigen. Dann aber sucht er ihn nochmals durch den
Hinweis auf seine Armut zum Bleiben zu bewegen; in diesem Fall wolle er ihm eine reiche
Gattin verschaffen. Gregorius jedoch zieht die Ehre der Gemächlichkeit vor und hofft eben,
was ihm vom Vater her fehlt, Gut und Ehre, durch Bravheit (frümekeit) und eigne Anstrengung
zu erwerben (V. 1503—48). Da führt ihn der getreue Mann weinend in ein besonderes Zimmer
und händigt ihm die Tafel ein. Die Erschütterung, in welche Gregorius durch ihren Inhalt
versetzt wird, benutzt der Abt, ihn zum letzten Male zu warnen: „Bleibst du bei dem Ritter
thum, sieh, so mehrt sich von Tag zu Tage die Grösse deiner Missethat und deiner wird
nimmer Rath. Darum lass deinen Wahnglauben fahren und diene Gott hier! Verkaufe deine
kurzen Tage um das ewige Leben!“ Allein in Gregorius ist durch die Entdeckung, dass er
von hoher Geburt ist, die Begier nach der Welt nur noch gewachsen, er findet im Kloster
keine Ruhe mehr, und der Abt lässt ihn endlich ziehen.
Es ist hier zunächst ein Mangel in der Motivirung hervorzuheben, nämlich die plötzlich
und unvorbereitet hervorbrechende Neigung zum Ritterthum.*) Wollte man dies mit dem ritter
lichen Blute erklären, das in Gregor’s Adern fliesst, so ist doch nicht abzusehen, woher er eine
so genaue Kenntnis der ritterlichen Uebungen und Turnier-Regeln hat, wie er in der mit
technischen Ausdrücken durchwebten Schilderung von V. 1400—52 beweist. In der Kloster
schule hat er doch zur Aneignung solcher Kenntnisse keine Gelegenheit gehabt. Genug, wir
sehen, dass in dieser ziemlich langen Ausführung über ritterliche Kunst mehr Hartmann, dessen
eigenthümliche Einschaltung es ist, als Gregorius spricht.
Doch wichtiger ist für uns die Frage, ob Gregorius sich hier versündige. Das ist
jedenfalls die Meinung des Dichters. Das klösterliche Leben als ein geistliches, Gott geweihtes
steht nach der Anschauung des Mittelalters an sich höher als das weltliche, und dass Gregorius
dieses Leben und das Kloster, wo er liebevolle Aufnahme und Pflege auch des Geistes ge
funden, ohne Nüthigung aufgibt und durch alle Warnungen und Ermahnungen des Abtes sich
nicht umstimmen lässt, darin besteht seine Schuld. Gott hat ihm freie Wahl gegeben (V.
1267 ff.), ob er sein Leben zu Ehren oder zu Schanden kehren will; er wählt das Letztere.
Indem er sich vom Kloster ab wendet, wendet er sich geradezu von Gott ab und begibt sich
aus dem stillen Hafen auf das offene Meer des Lebens, wo Klippen und Stürme drohen und
wo der Teufel sein Spiel treibt. Deshalb die immer von Neuem wiederholten Abmahnungen
des Abtes, deshalb die Breite der Ausführung in mehr als 4(X) Versen, worin wir besonders
noch auf V. 1345 ff. hin weisen:
*) Zwar behauptet Gregorius (V, 1397 ff. und 1410 ff.)/ seitdem er böse und gut habe unterscheiden
können, habe sein Sinn schon nach Ritterschaft gestanden. Wie lässt sich aber damit vereinigen, dass er dann
noch solche Fortschritte im klösterlichen Wissen gemacht?