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Sw er sich von pfaffen bilde
gote gemacket wilde
unde ritterschaft begät,
der inuoz mit maneger missetät
verwinden sele unde Up.
swelck man ode wip
sich von gote gewendet,
der wirt da von gescliendet
und der helle verselt.
Natürlich können wir diese Anschauung, als die vorübergehende und einseitige einer
bestimmten Zeit, uns nicht zu eigen machen; wir würden nur insofern hier eine Verschuldung
des Gregorius anerkennen, als er etwa durch Gedanken der Hoffahrt und des Ehrgeizes sich
bestimmen Hesse. Das tritt aber kaum hervor; im Gegentheil, man muss zugeben, dass er na
mentlich in der Rede V. 1503—48, womit V. 1697—1702 übereinstimmt, sehr vernünftige und
anerkennenswerthe Grundsätze ausspricht, (s. S. 13 ).
[Die Gewinnung des väterlichen Thrones.] Gregorius fleht zu Gott, er möge
ihn nach einem Lande führen, „wo seine Fahrt wohlbewandt sei“, und überlässt das Schiff
sodann Winden und Wellen, die ihn in kurzer Frist nach seiner eignen Mutter Lande tragen.
So ist er ohne Fährde in seiner Heimat angelangt, wogegen Oedipus schon auf dem Wege
dorthin „in den Wogenschwall des schrecklichsten Geschickes“ geräth, indem er an der Grenze
des heimatlichen Landes unwissentlich seinen Vater erschlägt.*)
*) Um diese That richtig zu beurtheilen, müssen wir auch hier ein wenig ins Einzelne gehen,
Verdüstert und verbittert zieht Oedipus von Delphi fort und wandert einsam durch Phocis, bewohnte
Orte meidend. So kommt er an jenen Dreiweg, wo die Strassen von Delphi und Daulia her in einen Engpass
münden. Hier in einem Hohlwege kommt ihm ein Wagen entgegen, darauf ein ansehnlicher Mann im Beginne
des Greisenalters: es ist Laius, der mit vier Begleitern eben auch auf einer Reise zum Orakel begriffen ist (nach
Eurip. Phönissen Prolog, um sich zu erkundigen, ob der ausgesetzte Knabe gestorben sei). Der Wagenlenker treibt
0. gewaltsam (TCpc<^ ßiav) aus dem Wege. Der Königssohn vergilt die Unbill mit einem Schlage und will dann am
Wagen vorbei seines Weges ziehen; der Herr des Gefährtes aber passt den Augenblick ab, wie der fremde Wan
derer ihm schlaggerecht ist, und versetzt ihm mit seinem Doppelstachel (dem StacheLstabe, womit die Thiere an
getrieben wurden) einen Hieb mitten über den Kopf — offenbar in der Absicht, ihn zu Boden zu schlagen. Da
trifft ihn O. mit seinem Wanderstabe dergestalt, dass er rücklings vom Wagen stürzt, und auch die Begleiter er
schlägt der heldenkräftige Jüngling, bis auf einen, welcher unbemerkt entkommt (Soph. K. Oedipus 774—813).
So hat 0. den leiblichen Vater erschlagen — werden wir deshalb aber den Stab über ihn brechen
dürfen? Er musste es ja nach dem Willen des Schicksals, damit Laius seine Strafe erhielte. Und wenn er,
der planlos umherschweifte, gerade nach Böotien (Theben) gelangt, wenn er gerade au dieser engen und gefähr
lichen Stelle mit seinem Vater zusammentrifft, der gerade auch auf einer Reise nach Delphi begriffen ist: so ist das
mehr als ein blosser Zufall. Es ist hier, wie in manchem Späteren, deutlich die Hand der Gottheit (des Schicksals) zu
erkennen, welche Alles wie an unsichtbaren Fäden lenkt und dem von ihr bestimmten Ziele zuführt (Oed, auf
K. 998: So gerieth auch ich in Uebelthat durch Götterführung, GtyoVT6>V), Der Grieche setzte eben in die
Gottheit ein tückisches, bösartig bethörendes und zur Sünde verführendes Element (s. Nägelsbach, Nachhom, Theol.
S. 55 ff. 332)*
Aber auch wenn wir davon einmal absehen und annehmen, dass Oedipus in seinem Handeln frei gewesen,
so werden wir ihm, so schrecklich der Fall an sich ist, doch keine so grosse Schuld beimessen. Er war der An
gegriffene und befand sich im Stande der Nothwehr — mörderisch angegriffen in einer engen Schlucht, wo ein
Zurückweichen schwierig war. Höchstens könnte man sagen, dass er die Grenzen der Nothwehr überschreitet,
besonders indem er auch die Begleiter erschlägt. Aber haben wir uns den Hergang nicht so zu denken,
dass die Begleiter ihrem Herrn zu Hülfe eilen und somit ein Handgemenge entsteht, in welchem Oedipus wiederum