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standskraft, während Koncentration die der städtischen Arbeiter
steigert. Wie in der städtischen Industrie wird in der modernen'
Agrikultur die gesteigerte Produkti v kraft und grössre Flüssig
machung der Arbeit erkauft durch Verwüstung und Fersiechung
der Arbeitskraft selbst. Und jeder Fortschritt der kapitalistischen
Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter,
sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder
Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebne
Zeitfrist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen
dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land, wie die Vereinigten
Staaten von Nordamerika z. B., von der grossen Industrie als dem
Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zer-
störungsprocess 8 ' 26 ). Die kapitalistische Produktion entwickelt da-
3a6 > Vgl. Liebig: „Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und
Physiologie. 7. Auflage 1862“, namentlich auch im Ersten Band die „Ein
leitung in die Naturgesetze des Feldbaus.“ Die Entwicklung der negativen
Seite der modernen Agrikultur, vom naturwissenschaftlichen Standpunkt, ist
eins der unsterblichen Verdienste Liebig’s. Auch seine historischen Apercus
über die Geschichte der Agrikultur, obgleich nicht ohne grobe Irrthümer,
enthalten Lichtblicke. Zu bedauern bleibt, dass er aufs Grathewobl Aeusse-
rungen wagt, wie folgende: „Durch eine weiter getriebne Pulverisirung und
häufigeres Pflügen wird der Luftwechsel im Innern poröser Erdtheile be
fördert, und die Oberfläche der Erdtheile, auf welche die Luft einwirken
soll, vergrössert und erneuert, aber es ist leicht verständlich, dass die Mehr
beträge des Feldes nicht proportionell der auf das Feld verwandten Arbeit
sein können, sondern dass sie in einem weit kleineren Verhältniss steigen.
Dieses Gesetz“, fügt Liebig hinzu, „ist von J. St. Mill zuerst in seinen Princ.
ofPol. Econ. v. I, p. 17 in folgender Weise ausgesprochen: „That the pro-
duce of land increases caeteris paribus in a diminishing ratio to the increase
of the labourers employed“, (Herr Mill wiederholt sogar das Ricardo’sche
Schulgesetz in falscher Formel, denn da „the decrease of the labourers em
ployed“, die Abnahme der angewandten Arbeiter, in England beständig
Schritt hielt mit dem Fortschritt der Agrikultur, fände das für und in Eng
land erfundne Gesetz wenigstens in England keine Anwendung) is the uni
versal law of agricultural industry*, merkwürdig genug, da ihm dessen Grund
unbekannt war.“ (Liebig 1. c. Bd. I, p. 143 u. Note.) Abgesehri von irriger
Deutung des Wortes „Arbeit“, worunter Liebig etwas andres versteht, als
die politische Oekonomie, ist es jedenfalls „merkwürdig genug“, dass er
Herrn J. St. Mill zum ersten Verkünder einer Theorie macht, die James
Anderson zur Zeit A. Smith’s zuerst veröffentlichte und in verschiedenen
Schriften bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein wiederholte, die
Malthus, überhaupt ein Meister des Plagiats (seine ganze Bevölkerungstheorie
ist ein schamloses Plagiat), sich 1816 annexirte, die West zur selben Zeit
und unabhängig von Anderson entwickelte, die Ricardo 1817 in Zusammen
hang mit der allgemeinen Werththeorie brachte und die von da an unter
dem Namen Rieardo’s die Runde der Welt gemacht hat, die 1820 von
James Mill (dem Vater J. St. Mill’s) vulgarisirt, und endlich u. a. auch
von Herrn J. St. Mill als bereits Gemeinplatz gewordnes Schuldogma
wiederholt wird. Es ist unläugbar, dass J. St. Mill seine jedenfalls „merk
würdige“ Autorität fast nur ähnlichen qui pro quo verdankt.