Full text: Geschichte der Rechtsphilosophie (1)

7. Kap, Zusammenfass, der Ergebnisse, das Naturr. in s. letzten Gestalt. 247 
der Kant'schen Moderation. Die Gestalt, in welcher das Natur 
recht die deutsche Wissenschaft zuletzt erfüllte, ist daher vorherr 
schend die Lehre Kants. Von ihm wird der ganze Bau des 
Naturrechts entnommen, nur in den einzelnen Resultaten neigt 
man sich zu Fichte, indem hiefür der allgemeinen flachern Vor 
stellungsweise die Willkür des Menschen (das empirische Ich) 
einleuchtender ist als Kants schlechthin nothwendiges Gebot (der 
homo noumenon). So stellt sich namentlich in dem beliebte 
sten und am öftesten aufgelegten Lehrbuch jener Zeit, dem von 
Gros, das Verhältniß dar. Der Inhalt des Naturrechts, bei 
diesem seinem Abschluß gelöst vom Zusammenhang mit einem 
bestimmten System der Philosophie, als allgemein herrschende 
wissenschaftliche Vorstellungsweise ist der folgende: 
Die Lehre des „Naturrechts" oder „Vernunftsrechts" muß 
ausgehen vom Naturstande, im Gegensatze des bürgerlichen 
Zustandes, d. i. einem Zustande natürlicher Willkühr ohne Recht 
und Staat. Nicht daß ein solcher Zustand in der Wirklichkeit 
je existirt zu haben braucht; aber er muß in Gedanken an 
genommen, es muß in Gedanken von dem vorhandenen Recht 
und Staat abstrahirt werden, um rein aus der Natur oder 
Vernunft des Menschen (des Individuums) die Nothwendigkeit 
von Recht und Staat und die Regel, wie sie bestehen sollen 
und inwieweit sie binden, abzuleiten. 
Aus der Natur oder Vernunft des Menschen ergiebt sich 
nun, daß der Mensch als sinnlich-vernünftiges Wesen Freiheit 
haben muß und zwar sowohl innere Freiheit, d. i. von äußern 
Eindrücken unabhängig lediglich durch Vernunft (das logische 
Gesetz) bestimmt zu werden, als auch äußere Freiheit, damit 
er als Vernunftwesen (d. i. nach jenem logischem Gesetze) in 
der Sinnenwelt wirksam seyn könne. Die Gesetze, die aus der 
innern Freiheit und für sie folgen, bilden das Gebiet der Moral,
	        
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