176 III. Buch. III. Abschn, Besond. Ausbild. d. Naturr. in d. einz. Systemen.
sondern bloß um sein selbst willen. Der Ursprung der großen
und dauernden Gesellschaften sey deßhalb nicht das gegenseitige
Wohlwollen, sondern die gegenseitige Furcht. Die nähere
Durchführung ist diese. Der Zustand, in welchem die Menschen
von Natur, d. i. vor ihrer gegenseitigen Verpflichtung durch
Vertrag, sich befinden — „Naturstand" (status naturalis) —
ist der, daß alle gleiches Recht auf alle Sachen haben, aber
auch gleiche Neigung einander zu schaden, besonders aus Be
gierde nach den Sachen. Der Naturstand ist deßhalb ein
immerwährender Krieg und eine immerwährende wechselseitige
Gefahr und Furcht. Nun aber ist das Gesetz der Natur (tex
naturae) oder — was auch schon Grotius hiemit als gleich
bedeutend gebraucht — die rechte Vernunft (revta ratio) die
Selbsterhaltung (der Schutz des Lebens und der Glieder), was
danach geschieht ist gerecht und zuständig, juste und jure, ge
schehen. Das Fundamentalgebot der Natur ist es deßhalb, den
Frieden zu suchen. Hieraus ergeben sich weiter zwei Folgesätze:
der erste, daß man jenes unbegränzte Recht des Naturstandes
nicht beibehalte, sondern es theilweise übertrage, um dafür das
Behaltene in Frieden zu besitzen, und das zweite, daß man
Verträge halte, weil nur dadurch der Friede zu erreichen. Nicht
minder ergeben sich aber hieraus auch die Pflichten des Mit
leides, der Dankbarkeit u. s. w. (kurz alle moralischen Pflichten),
indem diese alle wechselseitig geübt zur Selbsterhaltung dienen.
So führt Hobbes alles, was Recht und Sitte ist, auf Selbst- ,
sucht zurück. — Alle diese Gebote jedoch, die aus dem Gesetz
der Natur folgen, sind gar nicht verbindlich, so lange der Natur
stand währt, eben nach ihrem eignen Princip; denn so lange
man nicht der Erfüllung des Andern sicher ist, dient die eigne
Erfüllung nicht zur Selbsterhaltung. Darum schweigen im Na
turstand nicht bloß die bürgerlichen Gesetze, sondern auch die