Full text: Aufsätze, Reden und Briefe

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ich mache daraus keinen Vorwurf — wäre der Konflikt nicht 
möglich; dort können Sie, wenn Sie wollen, jeden Tag der 
artige Fälle haben, dort wird gar nicht mehr darüber ge 
redet, dort regt man sich gar nicht darüber auf. 
Aber betonen muß ich doch: seit dieser Fall Schaufele vor- 
ge'kommen ist und die schärfste Kritik im Karlsruher Rathaus 
und im Landtag gefunden hat, seitdem ist diese Praxis von der 
badischen Eisenbahnverwaltung aufgegeben. Wir haben damit 
nicht in der Presse renommiert, ln der gleichen Eisenbahn- 
werkstätte, aus der Schäufele hätte ausgestoßen werden sollen, 
wenn er sich von uns wählen ließe, sind eine ganze Anzahl, 
.Werkstättenarbeiten, die seitdem von der sozialdemokratischen 
Partei als Gemeindevertreter gewählt worden sind. Auch für 
das Karlsruher Rathaus. 
Es wird gesagt, wenn ihr zustimmt, dann geht der Klassen 
charakter unserer Partei verloren. Wir sind nicht dieser An 
sicht. Wenn es jemals Sozialdemokraten geben würde, die den 
Klassenkampf aufgeben wollten, dann würde der Klassenkampf 
sie doch nicht aufgeben, denn der Klassenkampf ist nicht be 
gründet in den Anschauungen eines Vertrauensmannes oder 
eines Abgeordneten, sondern in den Verhältnissen, und er ist 
nicht auszurotten durch Parlamentsbeschlüsse. 
Um was handelt es sich? Ein großer Teil von Ihnen ist 
hierhergekommen, nicht um uns zu überzeugen, sondern um 
uns zu überstimmen. Ich freue mich, daß Widerspruch er 
folgt. Es hat Zeiten gegeben in den letzten Wochen, wo dieser 
Widerspruch nicht erwartet werden konnte, sondern wo die 
Parole ausgegeben wurde, es solle dafür gesorgt werden, daß 
überstimmt werden kann. Ich weiß nicht, was Sie tun wollen 
und was Sie tun werden. Aber was ist damit gewonnen, wenn 
Sie uns eine Bindung auf den Weg geben, die wir nicht an 
nehmen können? Was ist für Sie und was ist für die Partei 
gewonnen, wenn wir vielleicht nach einem Beschluß von 
Ihnen das nächste Mal in den Landtag kämen und das Budget 
ablehnen würden, obwohl die Gegner wissen, daß das viel 
leicht gegen unsere Ueberzeugung geschieht. Wäre damit der 
Partei oder der Arbeiterbewegung ein Dienst erwiesen? Würde 
damit der Klassenstaat erschüttert werden? Vielleicht durch 
das Gelächter, mit dem man uns empfangen würde? Das kön 
nen Sie nicht wollen, wir halten Sie heute noch für unsere 
Kampfgenossen, für unsere Brüder, die mit uns zusammen 
schaffen wollen. Sie dürfen uns nicht in eine Situation bringen,
	        
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