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haben gesagt, daß die Verfassungen der deutschen Staaten
allen Genossen bekannt seien. Haben wir es nicht erleben
müssen, daß 208 Genossen über die Verfassung der eigenen
Partei im unklaren sind, haben wir nicht gesehen, daß' die,
die uns über die Pflichten der Disziplin belehren wollen,
selbst mit einem Anträge gekommen sind, der mit den
Pflichten der Disziplin, wie sie sie .verstehen, nicht in Ein
klang zu bringen ist. Bebel hat Ihnen das viel besser und
klarer bewiesen, als ich es tun könnte. Ja, Dittmann, wenn;
Sie nicht durch Bebel zu überzeugen sind, durch mich lassen
Sie sich nicht überzeugen. Aber ich nehme dann wenigstens
an, daß Sie, ohne überzeugt zu sein, im Sinne von Bebel
stimmen werden. Haase hat erklärt, es werde des Eindrucks
nicht ermangeln, daß feststeht, wieviel Genossen im voraus
diesen Antrag unterschrieben haben. Da muß ich doch fest
stellen, daß der weitaus größte Teil der Unterschriften unter
dem Antrag stand, bevor Bebel als Vertreter der Anklage
und bevor einer der badischen Genossen zu seiner Verteidi
gung das Wort genommen hat. Nun frage ich Sie, es stehen
ja, glaube ich, mit Ausnahme von mir, alle Parteijuristen
unter diesem Antrag. (Heine: Ich nicht!) Nein, Sie kommen
nicht in diesen Verdacht. Was würden Sie von einem bürger
lichen Richterkollegium halten, das in den Gerichtssaal
kommt nicht bloß mit einem fertigen, sondern auch mit einem
formell unterschriebenen Urteil? Was würden Sie davon
halten, wenn der geistvollste Begründer dieses Antrags zu
geben müßte, daß der dolus eventualis dabei eine Rolle ge
spielt habe? Wenn Sie einen der Süddeutschen gefragt hätten,
bevor Sie Ihren Antrag unterzeichnet haben, dann hätte er
förmlich Sie angebettelt, Sie sollten ihn unterschreiben, weil
nach außen hin nichts die Situation so beleuchtet als die
Tatsache, daß ein so großer Teil des Parteitages, ohne die
Angeklagten zu hören, das schärfste Urteil über sie aus
spricht. Sie haben sich jetzt bei dem Rückzug, den der Ge
nosse Haase zu decken versuchte ... es war ein Rückzug
des Antrages; was haben Sie denn gemeint, Genosse Haase?
Ich weiß, daß Sie den Antrag wieder einbringen können!
Soll denn Ihre ganze Tätigkeit auf den Parteitagen darin be
stehen, daß Sie in Situationen, wo die Parteigenossen einig
sind, dann wieder alte Anträge einbringen? Wenn Sie sich
dadurch provoziert fühlen, daß ich in schlichter, einfacher
Weise die Tatsachen erzähle, dann kann ich Ihnen allerdings