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An Heinrich Hansjacob
Mannheim, den 13 März 1913
Verehrter und lieber Herr Hansjacob!
Ich danke Ihnen für Ihren Brief. Ich habe mich über
seinen Inhalt sehr gefreut, da er mir zeigte, daß Sie noch
streitbar und geistesfrisch sind wie der Jüngste. An der
Einfügung des Satzes über die Geldbeschaffung bin ich selbst
stark beteiligt. Wir dachten dabei nicht daran, den Kampf
gegen die Rüstungsvorlage abzuschwächen, sondern wir
hofften, auf diesem Weg den Widerstand zu stärken. Das
einzige, was den Eifer der Kriegshetzer dämpft, ist die Furcht,
selbst zahlen zu müssen. Seit der Ankündigung der „Nord
deutschen Allgemeinen Zeitung“, daß eine Milliarde durch
eine Vermögensabgabe gedeckt werden solle, ist die Begeiste
rung weiter bürgerlicher Kreise für die Heeresvermehrung
immer lauer geworden. Die Tendenz, die Last abzuwälzen,,
besteht natürlich immer bei den wirtschaftlich Stärkeren,
aber bei direkten Steuern gelingt es doch nur zum kleineren
Teil und erst nach Ablauf einiger Jahre. Direkten Vorteil
von der Annahme der Heeresvorlage hat nur die Waffenindu
strie und das Baugewerbe, — die andern Kapitalistengruppen
können vielleicht durch die Angst für ihren Geldbeutel zu
einem gewissen Widerstand gegen die neuen Pläne getrieben
werden. Sie haben selbstverständlich ganz recht, wenn Sie
die vom Volk zu bringenden Blutopfer als eine viel schwerere
Last ansehen denn die von den Reichen zu zahlenden Steuer-«
groschen. Aber was folgt daraus? Wenn die Sozialdemokratie
in ihrer Bekämpfung des Militarismus dazu übergeht, jede
Steuer, auch jede direkte, abzulehnen, so gibt'es im Reichstag
eben nur noch Mehrheiten für indirekte Steuern; wir haben
1909 an der Zündholzsteuer usw. gesehen, wie es da kommt:
das Volk hätte zu der Blutlast auch noch die Geldlast zu
tragen. Wohin die Rüstungen schließlich führen, daran ist
kaum zu zweifeln: die alten westeuropäischen Völker ver
brauchen ihre Kräfte zu sinnlosen Rüstungen und werden in
zwischen von dem jungen Amerika wirtschaftlich unterjocht.
Wenn mich mein Weg ins Oberland führt, werde ich dem
guten Beispiel meines Vaters folgen und Sie besuchen. Bis
dahin wünsche ich Ihnen gute Gesundheit.
Ihr herzlich grüßender
Dr. Frank