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In den nächsten Tagen soll also der amerikanische Send
ling nach Mannheim kommen. Ich werde wahrscheinlich zu
greifen. Allerdings muß ich dann auf Tirol und auf den
Wiener Kongreß verzichten, aber ich habe das Gefühl, daß
ich nicht ablehnen sollte. Was denkst Du davon? ....
An Gustav Mayer
Mannheim,"8. Juni 1914
Lieber Herr Doktor!
Ich danke Ihnen für die Sendung. Ich habe Ihre Be
sprechung mit großem Vergnügen gelesen. Was Sie über
das Verhältnis von Lassalle und Marx schreiben, trifft den
Nagel auf den Kopf.
Ich habe den Amerikanern noch nicht fest zugesagt, werde
es aber wohl tun. Ich reise dann Anfang September. Aller
dings müßte ich dann auf den internationalen Kongreß ver
zichten. Vor meiner Fahrt könnte ich Sie nur sehen, wenn
Sie selbst nach Baden kämen, Heidelberg, Mannheim, Frei
burg? Ich muß leider noch den ganzen Monat im Landtag
sitzen, in dem es trostlos aussieht. Unsere Nationalliberalen
haben einen Rückfall in ihre schlimmsten Zeiten.
Herzliche Grüße an Sie und Ihre Frau
Ihr Ludwig Frank
Ueber den roten Reichstag
Au) dem badischen Parteitag in Freiburg
21. Juni 1914
Ich kann dem roten Reichstag kein besseres Zeugnis aus
stellen, als wenn ich sage, noch nie vorher ist das deutsche
Parlament von den Rückschrittlern aller Schattierungen so
heftig gehaßt und so giftig beschimpft worden, wie seit den
Wahlen von 1912. In der Presse und in Versammlungen,
von alldeutschen Professoren, pensionierten Generälen und
eifrigen Landräten! Die Wellen schlugen sogar bis ins preu
ßische Herrenhaus, in dieses Museum politischer Versteine
rungen, wo sonst vornehme Langeweile herrscht und wo
jetzt ein Herr v. Puttkamer den Beweis führte, daß ein aristo
kratischer Name sich ganz gut mit pöbelhafter Gesinnung und
Ausdrucksweise verträgt. Die „Deutsche Tageszeitung“, die
von Oertel im Geiste von Oldenburg-Januschau geleitet wird,
schrieb am 8. Juni 1914: