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rneres tun, mit geringen Geldstrafen wegkommen! Und wie
hat man die Arbeiterjugend verfolgt! In Braunschweig hat
man sogar den Arbeiterkindern verboten, in den herzog
lichen .Wäldern frische Luft zu schöpfen, und in Sachsen
nimmt man den Gewerkschaftlern durch die Streikverord
nung das Koalitionsrecht. Leute, die so etwas tun, beneh
men sich, als wollten sie den deutschen Arbeitern den letzten
Funken von Vaterlandsliebe in dem Herzen ersticken. Sie
schwächen die Wehrkraft des Reiches und müssen sich also
den Vorwurf des Vaterlandsverrats gefallen lassen. ,W i r
„vater 1 an ds Jo se n“ Gesellen wissen aber, daß
wir, wenn auch Stiefkinder, so doch Kinder
Deutschlands sind und daß wir uns unser Va
terland gegen die Reaktion erkämpfen müs
sen. Wenn ein Krieg ausbricht, so werden also
auch die sozialdemokratischen Soldaten ge
wissenhaft i h r e Pflicht erfüllen. Vorerst aber gilt
es, mit allen Mitteln für die Erhaltung des Friedens -zu ar-i
beiten. Die Frage ist nun: Wird die Regierung Einfluß und
Verantwortlichkeitsgefühl genug haben, um den Frieden zu
erhalten? Wir wissen vorerst nicht, ob der Reichskanzler
aufkommt gegen einen bekannten hohen Herrn, der in der
letzten Zeit auffallend viele Telegramme und Broschüren
schreiben verschickte? Die Sozialdemokratie hat überraschende
Hilfe bekommen in ihrem Kampf für den Frieden durch die
Blätter der Schwerindustrie! Die Hintermänner dieser „Rhein.-
Westf. Ztg.“ und der „Post“ wissen offenbar ganz genau,
daß der Ausbruch des Krieges zugleich den Zusammenbruch
unserer Volkswirtschaft bedeuten würde, deshalb warnen sie
mit eindringlichen Worten. — Wo bleibt aber in diesem
Kampfe für den Frieden die Kirche, die doch in erster Reihe
stehen sollte? Wir sehen da seit einigen Wochen, daß die
Zentrumspresse zum Kriege geradezu hetzt. Der „Bad. Be
obachter“ hat sogar zum „Rachefeldzug“ aufgefordert. Und
auf der badischen evangelischen Landessynode habe ein An
trag, der sich für den Gedanken des Friedens aussprechen
sollte, zurückgezogen werden müssen, weil er keine Mehr
heit erhielt. — Der einzige ernsthafte Kämpfer für dien Frieden
ist die sozialdemokratische Arbeiterschaft; dieselbe wird ihre
Aufgabe, wie seither, auch fernerhin erfüllen, unbekümmert
um das Geschimpfe der Kriegshetzer. Wenn längstder
Dreibund und die Tri p 1 e - E n te n te vergangen
Ludwig Frank 23