Full text: Aufsätze, Reden und Briefe

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Zum neuen Jahr! 
„Junge Garde“, 15. Dezember 1907 
Es will ein böser Winter werden. Das Gespenst der Ar 
beitslosigkeit geht um. Fleißige Hände, bereit zu schaffen, 
müssen gezwungen ruhen. Der „Markt“ ist übersättigt, und 
hunderttausend arme Menschen hungern. Die reichen Leute 
haben jetzt auch ihre Sorgen: sie wählen für ihre Lieben 
schöne Geschenke zum lichterhellen Weihnachtsfest. Derweil 
aber wächst von Tag zu Tag der bleiche Elendszug der Groß,-? 
Stadtkinder, denen die Eltern kein Essen mehr reichen können. 
Ein unheimliches, furchtbares Bild! Und wer Scham hat, 
schlägt davor die Augen nieder, und wessen Gewissen nur 
schläft, das mag da geweckt werden. Die Herren unserer 
Welt haben harte Herzen, — sonst könnten sie den Anblick 
nicht ertragen. Für den, der weint und bettelt, werfen sie ein 
Almosen hin; für den, der stolz fordert, warten Flinten und 
Kanonen. Sie sperren die Grenzen ab und treiben Wucher 
mit Fleisch und Brot und lassen dann durch ihre Soldprediger 
künden, die Not sei das ewige Werk eines gerechten Gottes.. 
Wendet euch weg von ihnen! Bei uns ist euer Platz! Wir 
können nicht alle Tränen trocknen; aber die in falscher; 
Demut Gebeugten richten wir auf, und in die hoffnungs 
armen jungen Seelen pflanzen wir unsern großen Zukunfts 
glauben. Es werden freie, freudige Menschen auf Erden 
wohnen und nimmer darben. Der Weg, der noch vor uns 
liegt, ist steil und rauh. Wir werden Stufen hauen höhen- 
wärts und nicht erlahmen. Um uns und in uns wächst eine 
neue Welt. 
Das freie Wahlrecht ist das Zeichen 
„Jung-e Garde“, 15. Januar 1908 
Vor dem preußischen Abgeordnetenhaus, vor dem Rat 
haus und beinahe auch vor dem Königsschloß, sind die 
Proletariermassen aufmarschiert, um ihr Recht zu verlangen. 
Die vornehme Wilhelmstraße hat gedröhnt von dem Tritt 
der „Arbeiterbataillone“, über die kein Spötter mehr zu 
witzeln wagen wird. Bis in die hintersten Schreibstuben der 
Ministerpaläste ist der gewaltige Klang der Marseillaise ge 
drungen, — eine gewaltige Welle von Zukunftsstolz und 
Selbstvertrauen flutete aus dem Anblick dieser mutigen 
Scharen in die Herzen der Kameraden. Die Begeisterung der 
Veteranen entzündete sich am Feuer der Jungen, und die
	        
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