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Mein UolK, wann will er Trüblind werden?
Ei» Mai-Gedicht von Waldeck Manasse.
Der Mai ist da, und wundersam
Erblüht und regt sich neues Leben,
Der Wintergeist ist heimgeschickt
Vom milden, jungen Friihlingsweben.
Und doch, trotz Bliih'n und Lenzeslust,
Kem frohbeglückt' Gesicht auf Erden:
Ich möcht' dich gern recht heiter sch'n;
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
Da geht ein Mann im Arbcitsrock
Wohl an Palästen ernst vorbei,
So leidcrsüllt, als wäre nicht
Rings Lenzesblüh'n und duft'ger Mai.
„Bin grad' so gut als jene dort,
Die sich so stolz und kühn gebärden!"
Ich möcht' dich gern zufrieden seh'n;
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
Die Arbeit soll die ganze Welt
Zu gleichen Teilen nur verrichten?
Rein, daß sie ja recht wenig tun,
Ist mancher Leute ganzes Dichten.
Mich dünkt die Arbeit Gottesdienst,
Fürwahr der herrlichste aus Erden!
Ich möcht' dich gern recht slettzig seh'n :
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
Lohnt's wohl, im argen Widerstreit
Das kurze Leben zu vergällen,
Soll nie der Lichtstrahl „Menschenlicb"
Die dunkle» Herzen rings erhellen?
Soll'» weiter Zwist und Kriegesstreit
Der Völker Frieden noch gesährdeti?
Ich möcht' dich gern recht friedlich sch'n;
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
Und soll die wahre Religion
Von Hofpastoren einzig kommen,
Soll man nicht an dem Tun vielmehr
Erkennen stets den wirklich Frommen?
Soll'» Glaubenshaß und Glaubensstreit
Sich weiter frech und dreist gebärden?
Ich möcht' dich gern recht duldsam seh'n:
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
Voll Menschenwert und Menschenstolz,
Bon ganzem Herzen doch bescheiden,
Im Glück nicht keck, voll Uebermut —
Und standhaft sein bei schweren Leiden:
So möge, deutsche Heimat, dir
Erblüh'» das schönste Glück auf Erden:
Ich möcht' dich gern recht glücklich seh'n;
Mein Volk, wann will es Frühling werden?
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