Full text: Protokoll des Socialisten-Congresses zu Gotha

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Gegner nicht stichhaltig seien. Was er in seinen Broschüren über 
angebliche „Utopien" geschrieben, sei einfach von gegnerischen Blättern 
in perfider Weise entstellt worden nnd verwahre er sich daher gegen 
den ihm gemachten Vorwurf. Er nehme nicht einen Buchstaben 
zurück und sei cs ihm stets leicht geworden, seine Schriften den 
Gegnern gegenüber zu vertheidigen. 
Frohme meint, daß es vielfach Manier der Gegner sei, Aus 
führungen unserer Agitatoren zu falschen und zu verdrehen! be 
züglich des Altonaer Flugblattes läge aber der Wortlaut schwarz 
auf weiß vor. 
Frict billigt das Verfahren des Altonaer Wahlcomitee's nicht 
und ist für stete radicale Vertretung des Programms. ES wäre 
freilich „praktisch" gewesen, in's Programm einen Passus cinzu- 
schicben, welcher auch die Annahme von Theilzahlungen erlaubt! — 
Was die Broschüren Most's betreffe, so bemerke Redner, daß in 
vielen Sachen Reden Silber — Lchweigen aber Gold sei! Man 
müsse sich doch sagen, daß mit derartigen Zukunftsbildern in einer 
kleinen Broschüre, in welcher die Fragen nicht eingehend behandelt 
werden können, mehr geschadet wie genützt werde. 
Bebel verwahrt sich gegen die Auffassung des Vorsitzenden, 
als habe er behauptet, daß durchgehends bei der vorigen Wahl ! 
Bauernfängerei getrieben worden sei. Es wundere ihn ferner, daß 
ein so aller Parteigenosse wie Gcib nicht auf die Idee gekommen, i 
die Geschichte mit den Kochfraucn sei von den Gegnern erfunden, 
wie dies thatsächlich in der Richter'schen Corrcspondcnz der Fall ge 
wesen. Vor Kurzem hätten einige Gegner ^Redner gesagt, cs sei 
doch ein Unsinn, die Kinder gemeinsam in Staatsanstaltcn erziehen i 
zu lassen, wie Kräcker in Breslau in einer Versammlung ausgeführt 
habe. Redner habe den Betreffenden erwidert, daß Kräcker dies 
unmöglich gesagt haben könne, sondern diese Behauptung nur aus 
Entstellung beruhen könne. Man erfahre ja täglich, wie entstellt 
werde; der Gefahr vor Entstellungen könne man nie entgehen, man 
müsse ihr aber stets entgegen treten. 
Fritzsche protestirt gegen den Ausdruck Most's, daß bei den 
verflossenen Wahlen im Allgemeinen in den Flugblättern unser 
Prinzip verletzt worden sei; Redner habe eine Menge derselben in 
Händen gehabt, und nichts darin gefunden, was gegen das Pro 
gramm verstieß. Most habe mit seiner Behauptung die ganze Par 
tei blamirt. 
Liebknecht schließt sich dem Proteste Fritzsche's an und be 
zieht denselben auch auf Bebel, den Geib allerdings richtig verstan 
den habe. Redner wirft Bebel vor, daß gerade in des Letzteren 
alten Wahlkreise die Wähler am schlechtesten in Beziehung auf das 
Parteiprogramm instruirt gewesen seien. Die Wahl Bebcl's sei 
Jahrelang mehr auf dessen Namen, als ans das Programm erfolgt. 
Es wird ein Antrag ans Schluß der Debatte angenommen. 
Most erklärt persönlich, daß er nicht gesagt habe, das Partei 
programm sei allgemein verleugnet worden, und weise er daher die 
ihm gemachten Sottisen zurück.
	        
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