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Der Vorsitzende Geib fragt, den letzteren unparlamentarischen
Ausdruck habe Redner wohl nicht gebrauchen wollen.
Most erwidert, daß er „Komplimente" habe sagen wollen.
Geib betont, daß er, wie man aus der Bestätigung durch Lieb
knecht sehe, Bcbel's Worte nicht falsch aufgefaßt habe und er die
socialistische Wahlbewegung mindestens ebenso richtig beurtheilen
könne wie Bebel.
Bebel erklärt Geib gegenüber, daß er selbst wohl der beste
Jntrcpret seiner Worte sei. Gegen die Behauptung Liebknechts
müsse ihm Freund und Feind bezeugen, daß er nicht der Mann sei,
Vertuschung zu treiben.
Siegel behauptet, daß die Wähler des 17. sächsischen Wahl
kreises sicherlich über die Bestrebungen der Partei genügend unter
richtet seien und dieselben ans prinzipiellen Gründen für Bebel
stimmten.
Nanert meint, daß sich Liebknecht jedenfalls zu scharf aus
gedrückt habe; die Schuld daran, daß die Stimmenzahl in Glauchau
u. s. w. nicht so stark gewesen wie früher, habe nicht an Bebel gelegen.
Es wird zur Abstimmung geschritten und Antrag 87 angenommen.
Antrag 123 wird nicht genügend unterstützt.
Anträge 121 und 122 werden von Steffen empfohlen; die
Harburger Parteigenossen seien der Ansicht, daß nur bei allgemeiner
Harmonie die Bewegung gefördert werden könne, diese aber durch
verschiedene gehässige Broschüren gestört würde. Es beziehe sich dies
auf Broschüren von Bracke (Lassalle's Vorschlag) und B. Becker (die
Agitation Lassalle's.)
Fritzsche hält den Antrag für einen sehr eigenthümlichen;
^ wenn man die Conscgnenzen desselben ziehe, so käme man schließ
lich auf die päpstliche Einrichtung des Syllabns. Es gäbe zwar
gehässige Schriften, wie die von Becker (Lassalle's Lebensende), Redner
hält es aber für genügend, wenn diese nicht mehr empfohlen worden.
Im Uebrigen stehe Lassalle viel zu hoch, um von einem Becker er
reicht werden zu können.
Steffen ändert den Antrag 121, da er inzwischen in Bezug ans
die Bracke'sche Broschüre privat eine befriedigende Erklärung erhalten
habe, dahin ab, daß derselbe sich nur auf die erst erwähnte Becker'sche
Schrift bezieht.
Hörig ist der Ansicht Fritzschc's; alles waS geschrieben ist, ge
höre der Geschichte an, und wollen wir darüber kein Anathema
anssprechcn. Eine andere Frage sei die, ob nicht die Gegner solche
Schriften verbreiten, wenn sie der socialistischen Partei damit schaden
zu können vermeinen, wenn sie erfahre», daß dieselben dazu geeignet seien.
Geib erklärt, daß schon vor 2 Jahren im damaligen Vorstände
mit drei gegen zwei Stimmen beschlossen worden sei, die Becker'sche
Broschüre (Agitation Lassalle's — das „Lebensende" war schon ver
griffen) vorn offiziellen Verzeichnis; der Parteischriften abzusetzen.
Es wird Uebergang zur Tagesordnung angenommen und An
trag 122 damit zugleich erledigt, ebenso der Antrag von Frohme:
„Der Kongreß möge den Delegirten empfehlen, dafür zu sorgen, daß
dieAnstoß erregende Becker'sche Broschüre nicht fürder verbreitet werde."