Full text: Protokoll des Socialisten-Congresses zu Gotha

„Berlin, 17. September 1876. 
Herrn Geib, Hamburg. 
Geehrter Genosse. Nachdem meine Thätigkeit bei der Partei- 
' presse auf einfache Mitarbeiterschaft begrenzt worden ist, beabsichtige 
ich, wie ich in Gotha schon Hartmann und einigen anderen Genossen 
flüchtig mittheilte, besonders in die rheinische Wahlagitation thätig 
einzugreifen und zu diesem Behuf vom Octobcr an wöchentlich ein 
Flugblatt, welches im Verkauf per Stück etwa 5 Pf. kosten wird, 
herauszugeben. Die Flugblätter sollen in Barmen gedruckt und 
zunächst der dortigen Gegend angepaßt werden lschrosser Klassen- 
I gegensatz). Doch zweifle ich nicht, daß diese Flugblätter auch in 
anderen Kreisen, welche aus zahlreichen weit zerstreuten Ortschaften 
bestehen, wenir gut verbreitet, bei der Wahl bedeutend nützen können, 
z. B. in Holstein, im Harz, in Cassel, Hanau, Offcnbach u. s. w. Ich 
möchte daher bitten, mir diejenigen Wahlkreise, in welchen eine 
solche regelmäßige Flugblattagitation besonders angebracht sein 
würde, mittheilen, und nöthigenfalls aus denselben Adressen mir 
zusenden zu wollen. Sobald das Probcflugblatt, welches die Barmer 
Genossenschaft druckt, fertig gestellt sein wird, werde ich Ihnen 
Exemplare zustellen. Besten Gruß. W. Hasselmann." 
Das Ccntral-Wahl-Comitc hatte also gegen das Erscheinen der 
„Rothen Fahne" als Wahlflugblatt nichts einzuwenden und wurden 
Hasselmann die gewünschten Adressen übermittelt. Kurz darauf traf 
aber ein Schreiben Rackow's ein, in welchem derselbe mittheilte, daß 
Hasselmann die „Rothe Fahne" als regelmäßig erscheinende Zeitung 
auf der Post angemeldet habe und man daher in Berlin in Zweifel 
sei, ob man Hasselmann's Wunsch erfüllen rmd die Probenummer 
dem „Neuen Social-Demokrat" beilegen solle; man wünsche daher 
unsere Meinung zu hören rmd zwar telegraphisch, da anderen Mittag 
expedirt würde. Nachdem die Mitglieder des Central-Wahl-Comite's 
sich besprochen, wurde telegraphirt, daß Hasselmann eine schriftliche 
Erklärung abgeben solle, die „Rothe Fahne" nur bis zu den Wahlen 
erscheinen zu lassen. Es verging nun eine Zeit, bis plötzlich Hafsel- 
maun in der „Rothen Fahne" erklärte, die Gerüchte, daß er das 
Blatt nach den Wahlen eingehen lassen wolle, feien unbegründet; 
daraufhin wurde in Berlin angefragt, wie es sich mit der schriftlichen 
Erklärung Hasselmann's verhalte. Es ging dann folgender Brief ein: 
„Lieber Derossi. Betreffs der Angelegenheit Hasselmann's haben 
wir mitzutheilen, daß derselbe damals uns und mehreren Anderen 
gegenüber erklärte: „„Ich habe dem Parteivorstand in Hamburg 
mein Ehrenwort gegeben, daß die „Rothe Fahne" nach Be 
endigung der Rcichstagswahl wieder eingehen soll; wenn dies 
nicht genügt, ein schriftliches Ehrenwort zu geben, halte ich nicht für 
nöthig."" Wir schenkten dieser Aussage Glauben und hielten ein 
Euch mündlich gegebenes Ehrenwort für genügend. F. W. Fritzsche. 
H. Rackow." 
Da von den verschiedensten Seiten Anfragen bezüglich der 
„Rothen Fahne" eingingen, so sah sich das Centralwahlcomite ver 
anlaßt, bei Hasselmann über Mittheilung des eben verlesenen Briefes 
anzufragen, was er für Absichten betreffs dieses Flugblattes habe.
	        
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