Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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sichert seyn, daß es recht geschahe? Könnte ihn der Vor 
leser nicht betrügen? 
Doch er kann lesen, aber die Kenntniß, und die tiefe 
Kenntniß der Grundsprachen der hebräischen, chaldäischen, 
syrischen, griechischen und lateinischen! Großer Gott! 
welche mühsame, und wenigen angemessene Zubereitung wird 
zu Ihrem Systeme ersodcrt, Herr Cleant! damit man 
endlich unter die Gläubigen gezahlt werde! 
Nicht genug! Sie sollten auch, nach Ihren Grund- 
saßen, die Originale, die eigentlich heiligen Bücher selbst 
besitzen; und diese Originale, wie auch die ersten Copi-en 
davon sind langst zu Grunde gegangen. Sie haben nichts, 
«lö Abschriften von Abschriften; und wer weiß, von wem? 
wer weiß, wie gemacht? und sind von keiner versichert, daß 
sie mit gehörigem Fleiße copirt, mit gebührender Sorge 
gegen die Urschrift gehalten, und von Jemanden, der das 
nothwendige Ansehen gehabt hatte, wäre authentisirt wor 
den. 
Von manchen Büchern der göttlichen Schrift erman 
geln sogar die Copieen, und man muß sich bloß an den 
Uebersetzungen halten. Welche neue Schwierigkeiten! Die 
ersten und vornehmsten Uebersetzungen sind eben in den 
fremdesten und uns unbekanntesten Sprachen erschienen, und 
wer bürgt uns über das für die gröbern Fehler, welche 
beym Ueberseßen sehr gerne einschleichen? 
Sie, meine Herren! rathen den Ihrigen die neuesten 
Uebersetzungen in unsre Muttersprache ein, und verwerfen 
die altern ohne Unterschied, gleich als wäre nicht eine jede 
Uebers'Hung, zuerst in der gewöhnlichen Sprache des Vol 
kes, für das sie gemacht wurde, herausgekommen; gleiche 
als trüge die Neuheit den Charakter der Unfehlbarkeit an 
sich; und gleich als wären Ihre jüngsten Ueberftßer wahr 
haft aposts ifche und vom göttlichen Geiste überschattete 
Mann r gewesen. Denn was die Wissenschaft, Treue und 
rmermüdete G nauigkeit anbelangt, ist kein Grund vorhan 
den, sie diesen znzuMuchen, und den altern abzusprechen. 
Unterdessen steht unser gute 2t lji mit der Bibel iu der 
Hand, noch immer unwissend und zweifelhaft, was er dm
	        
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