Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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von halten soll. Jeßt liest er: aber die Stralcn der Gött 
lichkeit, sie rühren weder den Geist, noch das Herz lebhaft 
genug. Es ist wahr — denkt er — aus diesen Schriften 
leuchtet etwas Ehrwürdiges, Heiliges, Göttliches hervor, 
aber die vielen Widersprüche, die mir aufstoßen, — wohl 
gemerkt , Ali denkt also — die unbegreiflichen Dinge, die 
meiner Vernunft entgegenstehen, verdunkeln den Glanz bald 
wieder. So denkt er, und ängstigt sich, und zweifelt, und 
weiß noch mit genügsamer Gewißheit nicht, ob in diesem 
Buche das Wort Gottes enthalten sey, ob eine göttliche 
Schrift existire? 
Allerdings, sso müßte es hergehen, wenn das geschrie 
bene Wort Gottcs die einzige Regel unseres Glaubens 
wäre. Wir müßtens bloß aus der göttlichen Schrift wis 
sen , daß eö eine göttliche Schrift gibt; und dieses ist eine 
wahre Unmöglichkeit. Wir müßtens bloß aus der gött 
lichen Schrift wissen, welche die göttliche Schrift sey, und 
dieses ist eine gleiche Unmöglichkeit. Z. B. Wie können wir 
aus der Bibel allein mit Zuversicht schließen, daß die Evan 
gelien des Markus und des Lukas acht, und jene des 
Thomas und des B a r t h o l o m a u S u nacht sind? Scheint 
nicht vielmehr die Wahrscheinlichkeit auf der Seite des 
Buches zu stehen, das auf dem Titelblatte den Namen 
eines Apostels aufzeigt? Jmgleichen, wo versichert uns 
die Bibel, daß das Sendschreiben an die Römer ein ach 
tes , jenes aber an die L a o d i; a e r , das noch jeßt herum 
getragen wird, ein untergeschobenes Werk des heiligen 
Paulus ist, da doch beydeö von ihm den Namen führt, 
und der Apostel selbst den Kolossern berichtet*); er 
habe an die Laodizaer geschrieben, nirgends aber des 
Briefes an die Römer Meldung thut? Wir müßten's 
endlich bloß aus der göttlichen Schrift wissen, daß dis 
Evangelien und apostolischen Sendschreiben, die wir jeßt 
unter den Handen haben, wirklich dieselben sind, welche 
einst von den Evangelisten und Aposteln verfaßt worden, 
und dieses ist die dritte Unmöglichkeit. Z. B. Sey'ö ge- 
} Koloss. 4, 16.
	        
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