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Die göttlichen ?lbsichten sind zwar meisientheils un§
Sterblichen ein Geheimniß, unterdessen laßt sich doch manch-
i mal eine oder die andere nicht sehr unwahrscheinlich bestim
men. Wie, wenn die Schrift dunkel wäre, um in der
christlichen Kirche die festgesetzte Ordnung der Lehrenden und
Lernenden, die Unterwürfigkeit der Schüler gegen den Mei
ster, und die Abhängigkeit der Laien von den Priestern zu
handhaben? Gewiß einerseits würde diese Ordnung sehr
zerrüttet werden, wen jedermann vermögend wäre, die Bi
bel vollkommen zu verstehen und auszulegen, und andrer
seits muß sie bis zum Lude der Welt in der Kirche festste
hen. Denn Gort — sagt Paulus — hat Hirten und
Lehrer bestellt, nicht nur für die ersten Zeiten, sondern bis
zur gänzlichen Vollendung des geistlichen Kirchengebäudes,
welche erst bey der Ankunft des Richters geschehen wird *).
daher warnt er die Christen sorgfältig, daß sich keiner itx
des andern Verrichtungen eindringe, und sich jener des Lehr
amts nicht anmaße, als der vom göttlichen Geiste zu lehren
bestimmt ist **). Es sollen zwar alle weise seyn, aber ein
jeder nach dem Maaße, das ihm der Herr befchieden hat ***)-
Wie, wenn die Schrift dunkel wäre, um ihr ehrwürdiges
göttliches Ansehen, bey den Ungläubigen sowohl, als bey
den Gläubigen desto sicherer zu behaupten? Das leichte^
und was geringe Mühe kostet, hat gemeiniglich das Un
glück, wenig geachtet zu werden; hingegen schätzt man das
jenige, wozu eine Anstrengung der Seelenkräfte crfodert
wird, allezeit höher. Die dunkeln Geheimnisse des Glau
bens dunkel vorgetragen, erwecken in uns ein lebhaftes Ge
fühl ihrer Erhabenheit und unsers Unvermögens, wodurch
der Scolze demüthig, der Demüthige ehrerbietig, der Ehrerr
*) Er hat - - - etliche zu Hirten und Lehrern gesetzt - - - zur Erbau
ung des Leibes Christi, bis wir alle einander in der Einigkeit des Glau
bens und der Erkenntniß des Sohnes Gottes begegnen. Eph s- +
II — l;.
**) Sind vielleicht alle Lehrer? - - - Haben vielleicht alle die Gabe der
Auslegung? i. Kor. 12, 29. 30.
***) Ich sage einem jeden: - - - daß er nicht weiser sey, als es ihm ge
bührt, sondern daß er mit Mäßigkeit weise sey - - - nach dem Maaße
, des Glaubens, welches Gott einem jeden ausgetheilt hat. Ao»l. ?•
Philo,, der Religion 6. Band. 8