Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Kinder der Kirche unterrichten, und keiner mehr den andern 
zur Erkenntniß Gottes anleiten wird:*) so soll jetzt ein 
jeder Gläubiger, wer er immer sey, die sonderbare Gabe 
besitzen, alle Schriftstellen ohne Ausnahme und ohne Gefahr 
je zu irren, bloß nach eigenem Gutachten zu erklären. 
Wie aber, wenn der Erste nur auf den Unterschied 
zwischen dem Gesetzgeber der Christen, lind jenem der Ju 
den sieht? Die Kinder der christlichen Kirche, sind sie 
nicht wahrhaft von dem Herrn unterwiesen, da ihnen Gort, 
nicht wie vormals durch den Moses und die Propheten, 
sondern durch seinen eigenen mitwesentlichen Sohn geredet 
hat, und da dieser Gottmensch mit seiner innerlichen Gnade 
ihre Herzen rührt, ohne welche die äußerliche Verkündigung 
fruchtlos seyn würde? 
Der Zweyte deutet es mit seinen Worten klar genug 
an, wohin er ziele. Im evangelischen Gesetze wird Nie- 
lnand zu seinem Nächsten sagen: „Erkenne den Herrn," 
denn die Erkenntniß eines Herrn, eines Gottes, wird 
so tief in die Herzen der Christen eingedrückt werden, daß 
cö nicht nöthig seyn wird, sie, wie einst die Israeliten mit 
stets wiederholten Bekehrungen, Ermahnungen und Be 
drohungen von der Anbetung der falschen Götter abzm 
halten. 
Hernach beruft man sich aus zween Aposteln. Paulus 
und Johannes sollen auf der Seite deö Privatgeistes 
stehen; jener, da er an die Korinther „der geistliche 
Mensch beurtheilt alles, "**) dieser, da er an die P a r t h e r 
schreibt: „und ihr habt nicht vonnökhen, daß euch jemand 
lehre, sondern wie euch seine Salbung alle Dinge lehrt, 
also ist eö wahr und keine Lüge." ***) 
*) Alle deine Kinder werden von dem Herrn unterwiesen fern. Isa. 54,1;. 
Und hinsühro wird Niemand seinen Nächsten, noch Jemand seinen 
Bruder lehre» und sagen: erkenne de» Herrn; denn sie werden mich 
alle, vom Kleinsten bis zum größten erkennen. Jer. zi. 34. 
**) 1. Kor. 15. 
**') i 2oh. 2, s7.
	        
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